Afrika

Rebellion gegen den Westen: Warum der Putsch in Niger gewaltige Machtverschiebungen hervorbringt

Gelingt dem Militär die Machtübernahme in Niger, würde sich ein Streifen antiwestlicher Staaten quer über den Kontinent von Guinea bis Sudan erstrecken. Die jüngsten Machtwechsel können als Rebellionswelle interpretiert werden, bei der sich die Länder in der Sahel-Zone aus der neokolonialen Abhängigkeit vom Westen und vor allem Frankreich zu lösen versuchen.
Rebellion gegen den Westen: Warum der Putsch in Niger gewaltige Machtverschiebungen hervorbringtQuelle: AFP

Von Seyed Alireza Mousavi

Der Putsch in Niger war ein unerwarteter Rückschlag für den "Wertewesten". Niger war im Grunde die letzte Bastion der prowestlichen Staaten in der Sahel-Zone. Das Land ist ein wichtiger Stützpunkt für das französische Militär nach dem Abzug aus Mali und Burkina Faso. Auch die Bundeswehr hat ursprünglich geplant, einen Teil ihres bevorstehenden Abzugs aus Mali über den Lufttransportstützpunkt Niamey durchzuführen. Nun ist der Ausgang über Niger versperrt und die Vorräte in Gao reichen nur noch für eine Weile.

Die Militärübernahme in Niger ist die sechste in dieser Region seit 2020. Seinerzeit hatte zuerst das Militär in Mali geputscht. In Burkina Faso setzte das Militär im Jahr 2021 den Präsidenten Roch Kaboré ab. In Tschad wiederum trat der Präsidentensohn Mahamat Idriss Déby, ein General, im April 2021 die Nachfolge seines getöteten Vaters an. Die abgesetzten Herrscher galten als westlich orientiert und unter den neuen Staatenlenker fahren alle drei Länder einen Kurs der Souveränität. 

Im Jahr 2017 hatten Deutschland, Frankreich und die EU die "Sahel-Allianz" mit den fünf Sahel-Ländern Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Tschad geschlossen, damit sie die Basis ihrer Macht ausbauen konnten. Sollte dem Militär die Machtübernahme in Niger gelingen, würde sich geografisch ein Streifen von Staaten quer über den Kontinent – von Guinea bis Sudan – erstrecken, die durch sich vom Westen emanzipierten Oberhäuptern regiert werden. Die jüngsten Machtwechsel dürften insofern als eine Rebellionswelle gegen den Westen interpretiert werden, deren Ziel die Befreiung aus der neokolonialen Abhängigkeit vom Westen, insbesondere Frankreich, ist.

Der Westen ist bereits in Alarmstimmung, weshalb er alles daran setzen wird, neue Entwicklungen in Niger rückgängig zu machen. Angesichts antifranzösischer Proteste in Niger drohte Frankreich dem westafrikanischen Land mittlerweile mit einem Eingreifen. Derzeit sind die westlichen Staaten allerdings durch den Ukraine-Krieg und zunehmende Systemrivalität zwischen den USA und China überlastet. Der Westen erwägt infolgedessen eine Militärintervention gegen Niger über die sogenannte Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) auszuführen. Die Organisation verhängte kürzlich nicht nur weitreichende Wirtschaftssanktionen gegen das Mitgliedsland Niger, sondern drohte mit dem Einsatz von Gewalt.

ECOWAS-Staaten orientierten sich in letzter Zeit eher an den westlichen Interessen als an den neuen geopolitischen Fakten in der Region. Die Erklärung der ECOWAS wurde nicht von Mali, Guinea und Burkina Faso unterzeichnet, deren ECOWAS-Mitgliedschaften ausgesetzt sind, seit dort in den vergangenen Jahren Machtwechsel stattgefunden haben. 

Der Konflikt nahm eine neue Dimension an, nachdem die Regierungen in Mali und Burkina Faso gewarnt haben, jede Intervention zur Wiedereinsetzung des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum als "Kriegserklärung" gegen sie zu bewerten. Die westliche Elite hat nicht damit gerechnet, dass sich Nachbarländer an die Seite von Niger stellen.

Trotz seiner Armut verfügt Niger über große Vorräte an Uranvorkommen. Das einheimische Uran wurde viele Jahre lang zu Spottpreisen ausschließlich von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich aufgekauft. Jetzt scheinen sich die Fronten zwischen Kolonialherren und afrikanischen Völkern verhärtet zu haben. Die Welt befindet sich in einer Übergangphase von der unipolaren Ordnung zu einer multipolaren Struktur. Afrika will nicht mehr nur als Lieferant billiger Ressourcen für den Westen auf der Weltbühne agieren, sondern strebt nach einer gerechten globalen Stellung, in der es die neue Weltordnung mitgestalten kann. 

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