Europa

Westbalkan: US-"Sorgen" wegen russischem Einfluss, oder "Brandbekämpfung mit Benzin"

Die USA sorgen sich um ihren Einfluss im ehemaligen Jugoslawien. Konkret geht es einigen US-Senatoren um die "Friedenstruppen" in Bosnien-Herzegowina: Die EU-Miltärmission Althea soll verlängert werden, notfalls wohl auch gegen den Widerstand Moskaus und Pekings im UNO-Sicherheitsrat.
Westbalkan: US-"Sorgen" wegen russischem Einfluss, oder "Brandbekämpfung mit Benzin"Quelle: www.globallookpress.com © Mikhail Klimentyev/Kremlin Pool

Eine Analyse von Marinko Učur, Banja Luka

Die US-Senatoren Jeanne Shaheen, Thom Tillis, Chris Murphy und Roger Wicker schickten einen Brief an US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin, in dem sie ihre Sorge um den Frieden und die Stabilität in Bosnien-Herzegowina zum Ausdruck brachten und ein stärkeres Engagement der USA in Zusammenarbeit mit ihren europäischen Partnern forderten, um dadurch die Präsenz von Friedenstruppen in jenem Land sicherzustellen, das, wie darin angegeben, russischem Einfluss ausgesetzt ist. Sie wiesen darauf hin, dass der UN-Sicherheitsrat am 22. November 2004 durch die Resolution 1575 die militärische GSVP-Operation EUFOR Althea als Nachfolgemission der ehemaligen NATO-Streitkräfte SFOR eingerichtet hatte, die den durch das Friedensabkommen von Dayton geschaffenen Frieden und die Ordnung aufrechterhalten hatte.

Ein mögliches russisches Veto im UN-Sicherheitsrat, das von Senatoren befürchtet wird, könnte von China bei der anstehenden Abstimmung über die Verlängerung des Mandats der Mission EUFOR Althea Ende November unterstützt werden. Das bedeutet, dass sie für sicher halten, dass Russland ein Veto einlegen wird, obwohl sich Russland bisher nicht zu dieser Frage geäußert hat. Die Senatoren glauben, dass es eine Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung einer friedenserhaltenden Präsenz in Bosnien und Herzegowina gibt, die keiner UN-Genehmigung bedarf. Auf die vielfach wiederholte Behauptung über den "bösartigen Einfluss Moskaus" reagierte die russische Auslandsvertretung in Sarajevo umgehend:

"Im Kontext der verstärkten Bemühungen des Westens, seinen immer schwächer werdenden Einfluss auf die Bürgerinnen und Bürger von Bosnien und Herzegowina zu stärken, halten wir es für notwendig, die Ansätze Washingtons und Brüssels auf dem Balkan zu bewerten. Wir sind der Meinung, dass es grundsätzlich falsch ist, das Land vor eine künstliche Wahl 'Mit uns oder gegen uns' zu stellen. Dieser für die längst vergangene Ära des Kalten Krieges charakteristischer Grundsatz ist unvereinbar mit den Grundlagen der Souveränität und Unabhängigkeit der staatlichen Außenpolitik. Wir sind davon überzeugt, dass Bosnien und Herzegowina nach Erzielung eines Konsenses zwischen allen Völkern, die es bewohnen, das Recht auf eine freie Interaktion mit allen Staaten, Staatengruppen, politischen und wirtschaftlichen Blöcken hat, mit denen es eine solche Interaktion für notwendig erachtet. Nur so und nicht auf Geheiß europäischer oder transatlantischer 'Mentoren'."

Angesichts der komplexen innenpolitischen Struktur Bosniens und Herzegowinas, bestehend aus zwei Entitäten (der Republika Srpska und der Föderation Bosnien und Herzegowina) und drei konstituierenden Völkern (Serben, Kroaten und Bosniaken), wird diese "Besorgnis" der USA nicht gleichermaßen im ganzen Land akzeptiert. Vertreter der Republika Srpska lehnen ein stärkeres Engagement der NATO in diesem Land entschieden ab, weil die Erinnerungen an die Bombardierung serbischer Stellungen und die Annäherung des Bündnisses an die muslimische Seite während des Bürgerkriegs in Bosnien und Herzegowina 1994 und 1995 frisch in Erinnerung sind. Sie vergessen auch nicht die illegale Bombardierung Serbiens im Jahr 1999 und die Besetzung der serbischen Provinz Kosovo und Metochien, die ein Vorspiel zur Schaffung des selbst ernannten "Staates" Kosovo war. Dadurch wurde in den internationalen Beziehungen ein Präzedenzfall geschaffen, weil den Albanern ermöglicht wurde, zwei Nationalstaaten auf dem Balkan zu haben. Auf der anderen Seite zeigt die Föderation Bosnien und Herzegowina andere Affinitäten, indem sie sich auf die Seite der Länder des Westen stellt, die die russische Spezialoperation in der Ukraine als "Aggression" bezeichnen, während die Serben Anhänger von Neutralität und Blockfreiheit sind.

Die US-Senatoren haben die ohnehin komplizierten interethnischen Beziehungen zusätzlich mit ihrer willkürlichen Haltung belastet, wonach "Russland behauptet, dass der Westbalkan in seinem Einflussbereich liegt, und russische Beamte zahlreiche Unterstützungsbekundungen für regionale Akteure abgegeben haben, die sich der europäischen Integration und der NATO widersetzen. Die Vereinigten Staaten dürfen diese Drohungen nicht ignorieren; wir müssen unser Engagement für die europäische Sicherheit unter Beweis stellen, indem wir unsere effektive Präsenz auf dem Balkan aufrechterhalten, genauso wie wir weiterhin auf Russlands unprovozierte Aggression gegen die Ukraine reagieren."

Solche Qualifikationen ergeben sich aus der Nähe der Republika Srpska und des serbischen Volkes im Allgemeinen zum russischen Volk und den häufigen Kontakten von Milorad Dodik, dem serbischen Mitglied der dreiköpfigen Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ein solches Treffen fand kürzlich am 20. September dieses Jahres in Moskau statt. Bei dieser Gelegenheit versprach Putin Dodik Medien zufolge in der Republika Srpska einen Vorzugsgaspreis von 290 Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Dieses Treffen und die günstige Bereitstellung dieser strategischen Energiequelle während des Wahlkampfs haben Dodik sehr geholfen, gute Ergebnisse bei den Wahlen zu erzielen, obwohl die Oppositionsparteien das Wahlergebnis noch nicht anerkannt haben und eine Neuauszählung der Stimmen fordern. Nach den noch nicht bestätigten Wahlergebnissen ist Dodik der Sieger im Rennen um die Präsidentschaft der Republika Srpska, aber die Opposition behauptet, dass Wahlbetrug begangen wurde, und fordert eine Wiederholung der Wahlen. Egal, wer am Ende gewinnt, klar ist, dass dieser nicht bereit sein wird, in der Außenpolitik eine Kehrtwende zu vollziehen oder für die Einführung von Sanktionen gegen die Russische Föderation zu stimmen. Das gibt schließlich auch Jelena Trivić zu, die Präsidentschaftskandidatin des Oppositionsblocks, die in ausgesuchten Worten von der Nähe der beiden Völker, nämlich des russischen und serbischen Volkes, spricht.

Letztlich bleibt unklar, wie die USA bei der Verlängerung der Militärmission EUFOR Althea die Vereinten Nationen umgehen wollen und auf welcher Grundlage sie zu dem Schluss kamen, dass ihnen Ende November ein russisches Veto am East River bevorsteht. Werden die Verfahren erneut grob verletzt, wie im Fall der Ernennung des Deutschen Christian Schmidt zum Leiter des OHR (Office of the High Representative, deutsch: Amt des Hohen Repräsentanten) in Bosnien und Herzegowina? Nachdem sie aus der russischen und chinesischen Opposition gegen die Ernennung von Schmidt am 1. August letzten Jahres Lehren gezogen haben, bereiten sich die USA offenbar, ohne mögliche Missverständnisse und Konfrontationen zu beachten, auf eine weitere Aktion vor, um ihren Willen als universelle Verhaltensregel durchzusetzen.

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