Europa

Medienbericht: Neuntes EU-Sanktionspaket nimmt 144 russische Journalisten und Künstler ins Visier

Die EU will schnellstmöglich ein weiteres, mittlerweile neuntes, Paket antirussischer Sanktionen schnüren. Berichten von Medien, die sich auf Entwürfe der Beschlüsse des EU-Rats berufen, sollen dieses Mal russische Journalisten und bekannte Persönlichkeiten für ihre Meinungsäußerungen Schwerpunkt der Repression sein.
Medienbericht: Neuntes EU-Sanktionspaket nimmt 144 russische Journalisten und Künstler ins VisierQuelle: Sputnik © Ilya Pitalev

Die Nachrichtenplattform EUobserver berichtet am Montag Inhalte des geplanten 9. EU-Pakets, über das sich der EU-Rat heute verständigen will.

In den Entwürfen für die neuen schwarzen Listen der EU sind nach Informationen der Plattform 144 in Russland bekannte Personen aufgeführt, darunter die beliebten russischen Fernsehmoderatoren Boris Kortschewnikow und Marina Kim, der Sänger Grigori Lepserwidse (Künstlername Grigory Leps) sowie der Blogger und Filmkritiker Dmitri Putschkow (Künstlername Goblin), der Filmregisseur Nikita Michalkow und der Publizist Sergei Michejew.

In sämtlichen Fällen werden das berufliche Wirken der Betroffenen oder ihre Meinungsäußerungen zur Begründung der Sanktionen herangezogen.

Kortschewnikow etwa, bekannt geworden als Schauspieler in Jugendserien und Filmen, der später trotz einer Erkrankung Karriere als Fernsehmoderator machen konnte, wurden Kommentare in sozialen Medien zum Verhängnis, die "den Westen und die Ukraine mit Gottlosigkeit und dem Teufel in Verbindung bringen", heißt es in den EU-Sanktionsdokumenten, die von EUobserver zitiert werden.

Michejew spreche in seinen Auftritten von der Notwendigkeit der Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine und fördere die "Ideologie der russischen Welt", heißt es in den Dokumenten.

Die EU beabsichtigt, vier Mitglieder der Kowaltschuk-Familie, die Medien und soziale Medien besitzt und mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verkehrt, mit Vermögenssperren und Visaverboten zu belegen.

Eine von ihnen, Tatjana Kowaltschuk, sei "Russlands drittreichste Frau mit einem Nettovermögen von 600 Millionen Dollar" und Mitbesitzerin des Skigebiets Igora in der Nähe von Sankt Petersburg in Russland, "wo Putins Tochter ihre Hochzeit feierte", so die EU-Dokumente laut EUobserver.

Fünf Führungskräfte der russischen Fernsehsender Ren TV und TV-Nowosti sollen ebenfalls zur "Rechenschaft" gezogen werden. Die staatlichen Medienholdings VGTRK und National Media Group, der staatliche Sender ANO TV-Nowosti und die Stiftung für strategische Kultur in Moskau, die die EU als "Fassade für den russischen Auslandsgeheimdienst SWR" bezeichnet, sollen ihre EU-Guthaben einfrieren lassen. Drei russischen Sendern (NTV/NTV Mir, Rossija 1 und REN TV) soll die Sendelizenz in EU-Ländern entzogen werden.

Die aufgelisteten russischen Medien hätten sich, so der Vorwurf der EU, der "schwerwiegenden Verzerrung und Manipulation von Tatsachen" schuldig gemacht, um den Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen und die EU-Länder zu destabilisieren. Dies stelle "eine erhebliche und unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Union" dar, heißt es in den Dokumenten.

Die jetzt im mittlerweile neunten Paket verbundenen Sanktionen umfassen auch wirtschaftliche Maßnahmen. So soll es ein Embargo für Investitionen in den russischen Bergbausektor, ein Verbot des Verkaufs von Dual-Use-Technologie an 169 russische Unternehmen und ein Einfrieren von Vermögenswerten von zwei russischen Banken (Kreditbank Moskau und Dalnewostotschni Bank) geben.

Die neunte Runde kommt zu einem früheren EU-Sanktionsstapel hinzu, der Gaspreisobergrenzen, Ölembargos und mehr als 1.200 auf der schwarzen Liste stehende Personen umfasst – ein "Who's who" von Russlands Spitzenpolitikern, Militärs und Geschäftsleuten sowie Medienlieblingen, darunter auch Putin selbst und seine engsten Verwandten.

Die Einzelheiten der neuen Sanktionen können sich noch ändern, wenn die EU-Außenminister am Montag in Brüssel darüber beraten.

"Ich dachte, wir könnten heute Morgen grünes Licht geben – vielleicht bis zum Ende des Tages, aber es gibt noch einige Fragen, über die wir uns einigen müssen",

teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einer Beratungspause am Montag mit.

Der Blogger Dmitri Putschkow hat die Nachricht über seine Aufnahme in das Sanktionspaket inzwischen auf die ihm eigene sarkastische Art kommentiert: 

"Die EU hat mich in ihre Sanktionsliste aufgenommen. Nun bin ich der persönliche Feind des Führers."

Mehr zum Thema - Ungarn trägt neuntes EU-Sanktionspaket gegen Russland nicht mit

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