Deutschland

DIW-Studie: Vermögen weit ungleicher verteilt als bereits bekannt

Obwohl bisher bereits von einer hohen Vermögensungleichheit in Deutschland ausgegangen wurde, zeigt eine DIW-Studie nun, dass das Nettovermögen noch weit stärker konzentriert ist. Darin wurde die bisher in Studien unterrepräsentierte Bevölkerungsschicht der Superreichen beleuchtet.
DIW-Studie: Vermögen weit ungleicher verteilt als bereits bekanntQuelle: www.globallookpress.com © Carsten Rehder/ dpa / Global Look Press

Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt in Deutschland mehr als ein Drittel der Vermögen, dem oberen Zehntel gehören zwei Drittel, so die neuen Erkenntnisse über die Konzentration von Reichtum hierzulande.

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Bisher war das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davon ausgegangen, dass die reichsten zehn Prozent etwa 59 Prozent des gesamten Vermögens besaßen und die ärmere Hälfte einen Anteil von 1,3 Prozent hat.

Doch laut einer aktuellen Studie ist das Vermögen in Deutschland sogar noch ungleicher verteilt als bisher angenommen. Eine dreijährige Untersuchung des DIW im Auftrag des Arbeitsministeriums hat die bisherige Datenlücke am oberen Rand der Vermögen geschlossen und ergeben, dass die oberen zehn Prozent gut zwei Drittel des Nettovermögens besitzen.

Allein das reichste Prozent der Bevölkerung vereint rund 35 (statt knapp 22 Prozent) des Vermögens auf sich.

Demnach besitzen etwa 1,5 Prozent der Erwachsenen in Deutschland abzüglich Schulden ein Nettovermögen von mindestens einer Million Euro. Dazu tragen den Angaben zufolge vor allem der Besitz von nicht selbst genutzten Immobilien oder von Unternehmen bei.

Die Studie erfasst das Vermögen von Personen ab 17 Jahren in Deutschland. Dazu zählen unter anderem Immobilienbesitz, Betriebsvermögen, Sparguthaben, Aktien, Ansprüche aus Lebens- und privaten Rentenversicherungen und wertvolle Sammlungen. Die Zufallsstichprobe von Millionären ist von Menschen mit einem signifikanten Anteil an Unternehmen ausgegangen, da Studien in anderen Ländern urteilten, dass Millionäre meist, auch aus steuerlichen Gründen, Beteiligungen an Unternehmen hielten. Die Menschen, die hierfür unter die Lupe genommen wurden, besitzen ein ums 21-Fache höheres Vermögen als der deutsche Bevölkerungsdurchschnitt und waren in bisherigen Studien unterrepräsentiert. 

Berechnungen auf dieser Grundlage und unter Hinzunahme öffentlich zugänglicher Reichenlisten ergeben, dass die Konzentration der individuellen Nettovermögen in Deutschland höher ist als bislang ausgewiesen", erklärte das DIW-Team um Markus Grabka, Carsten Schröder und Johannes König.

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Bei den Reichen handelt es sich den Angaben zufolge überdurchschnittlich oft um Männer, die älter, besser gebildet, selbstständig und mehrheitlich in Westdeutschland leben. Der Anteil der Frauen sei mit gut 30 Prozent relativ gering.

Studienautoren gegen Vermögenssteuer

Um den Vermögensaufbau breiter Teile der Bevölkerung zu unterstützen, regte Studienmitautor Markus Grabka eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge an. Er schlug die Einführung von Vermögenskonten vor, in die der Staat für Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten einzahlt und auf die Betroffene ab einem bestimmten Alter zugreifen könnten. Auch eine veränderte Förderung des Immobilienbesitzes sei in Erwägung zu ziehen. "Staatliche Anreize zur Vermögensbildung sollten gegenüber einer stärkeren Umverteilung von oben nach unten bevorzugt werden", so die Ansicht des Studienautors.

Anders als einige Wissenschaftler, Politiker und die Mehrheit der Deutschen sprachen sich die DIW-Forscher allerdings gegen eine Neuauflage der Vermögenssteuer oder ähnliche Umverteilungsmechanismen von oben nach unten aus. Das Vermögen vieler Reicher stecke hauptsächlich in Betrieben oder nicht selbst genutzten Immobilien. Dieses würde so produktiv genutzt und käme damit auch anderen Menschen und der Volkswirtschaft insgesamt zugute, meinen die DIW-Vertreter.

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Doch die Studie "Verteilung der Vermögen in Deutschland von 1895 bis 2018" des Exzellenzclusters "ECONtribute" der Universitäten Köln und Bonn zeigte im Frühjahr, dass sich der Reichtum hierzulande durch den Immobilien- und Aktienboom erst enorm konzentriert hat – zuungunsten des Großteils der Bevölkerung.

Christoph Butterwegge, emeritierter Professor für Politikwissenschaft, der seit Jahrzehnten wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheit in Deutschland erforscht, bezeichnet die wachsende sozioökonmische Schere als "das Kardinalproblem unserer Gesellschaft, wenn nicht der gesamten Menschheit".

In seinem Buch "Die zerrissene Republik – Wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheit in Deutschland" hat Butterwegge aufgezeigt, wie seit Konrad Adenauer alle Regierungen die Ungleichheit in Deutschland geradezu gefördert haben. Während Wohlhabende kurz nach dem Zweiten Weltkrieg noch durch Steuerzahlungen substanziell an der Beseitigung von Ungleichheit beteiligt waren, wurden sie zunehmend entlastet. Regierungen haben seither demnach geradezu Reichtumsförderung betrieben.

Angesichts der Staatshilfen in der Pandemie sprach er sich für einen Corona-Soli aus, mit dem "Wohlhabende, Reiche und Hyperreiche" den ärmsten Gesellschaftsmitgliedern wie Obdach- und Wohnungslosen, Geringverdienern, Transferleistungsbeziehern und anderen helfen.

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