Deutschland

Dorfbewohnerin zu Lützerath-Protesten: "Wozu soll das jetzt noch dienen?"

Auf der Großdemonstration zwischen Lützerath und Keyenberg wurden die Aktivisten von den Rednern getröstet. Es gehe nicht um die Rettung Lützeraths, sondern darum, das Klimathema in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Klima-Aktivisten hätten erfolgreich zur Durchsetzung der "Klimaziele" beigetragen.
Dorfbewohnerin zu Lützerath-Protesten: "Wozu soll das jetzt noch dienen?"© Felicitas Rabe

Von Felicitas Rabe

Auf der Fahrt zur Großdemonstration bei Lützerath warnte der Verkehrsfunk am Samstag um 12.00 Uhr. Die Anreise der Demonstranten verursache einen Stau auf der A 46 zwischen Düsseldorf und Erkelenz. Das Gebiet solle großräumig umfahren werden. Die Berichterstatterin machte sich schon auf einen Nachmittag im Auto gefasst. Bei der Großdemo im Hambacher Forst am 6.Oktober 2018 hatte die Polizei ab Mittag die Autobahnausfahrten der A4 in der Region gesperrt und auf der Stecke gab es eine Vollsperrung. Damals saßen zehntausende Aktivisten stundenlang in ihren Autos und kamen nie bei der Kundgebung an.

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Doch als die Autorin um 12.30 Uhr den genannten Abschnitt passierte, war das Verkehrsaufkommen gering. Von Erkelenz waren es noch etwa 10 Kilometer bis nach Lützerath. An der ganzen Strecke entlang der Landstraße zog ein durchgehender Strom von Aktivisten vom Bahnhof Erkelenz kommend zum Kundgebungsort zwischen Keyenberg und Lützerath durch den Regen. 

"Warum kommt Ihr erst, wo unsere Heimat sowieso schon zerstört ist?"

Ab dem ersten Dorf nach der Autobahn, Kaulhausen, gab es auf den schmalen Sträßchen mit dem Auto zu dieser Zeit kein Weiterkommen mehr. Die Aktivistenströme nahmen die Straßen ein. Abseits vom Geschehen hatte eine Dorfbewohnerin das Einparken der Journalistin neben einer Pferdekoppel beobachtet und kam an den Zaun gelaufen: 

"Warum kommt Ihr denn alle erst jetzt – jetzt, wo es sowieso zu spät ist? Wir kämpfen hier auf den Dörfern seit 40 Jahren gegen den Abriss unserer Heimat, und keiner hat sich dafür interessiert. Wozu soll diese Demonstration denn jetzt noch dienen?"

Selbst mit dem mitgebrachten Fahrrad kam man kaum vorwärts, und musste sich dem Tempo der Aktivistenkolonnen auf den kleinen Wegen fügen, zumal der Dauerregen rechts und links von den Wegen das gesamte in Schlamm verwandelt hatte.

Das von der Polizei genehmigte Kundgebungsgelände in der Pampa zwischen Keyenberg und Lützerath war bereits überfüllt. So versuchte sich der Großteil der ankommenden Demonstranten auf den zuführenden Wegen zu halten, um nicht mit den Füßen im Schlamm zu versinken.

Neben den Wegen durchzogen tiefe, mit Wasser gefüllte Gräben das Gelände. Die kleine Bühne war kaum sichtbar, dafür gab es überdimensionale Lautsprecher, welche die Reden in der gesamten Umgebung verbreiteten.

"Lützerath, geht es Euch gut?" erschallte eine Frauenstimme über den Köpfen der mit Regen und Wind kämpfenden Menschen. "Ihr seid tausende oder zehntausende!" "Ihr habt jetzt schon gewonnen, auch wenn Lützerath abgebaggert wird!"

"Ich mag Euch danken, denn Ihr habt das Klimathema in die Öffentlichkeit getragen!"

Es gäbe eine Warnung der Polizei, wurde gegen 14.00 Uhr verkündet: "Wegen eines Rohrbruchs an der Abbruchkante würde dringend davor gewarnt, sich direkt an den Tagebau zu begeben. Es bestände Lebensgefahr." Der genaue Ort des Rohrbruchs der überdimensionalen Abbruchkante des Garzweiler Tagebaus wurde nicht durchgegeben.

Greta Thunberg und andere auf der Bühne

Während der Musiker Conny einen "etwas kapitalistisch-kritischen Song" ankündigte, zogen derweil mehrfach kleine Gruppen von Aktivisten durch die Menge. Sie animierten die Menschen, sich nach Lützerath und zum Tagebau zu begeben. Der Kampf um Lützerath sei noch nicht vorbei. In seinem Lied fragte sich Conny, ob man heutzutage nach einem vierwöchigen Malediven-Urlaub im September, im Dezember noch mal 2 Wochen auf die Bahamas reisen dürfte. Dieses Problem stellte sich wohl den meisten Menschen auf der Kundgebung sowieso nicht. Weit oben schwebte ein Hubschrauber und beobachtete das Geschehen.

Dann wurde der Star des Nachmittags angekündigt, Greta Thunberg. Aufgrund des Bühnensettings bekam sie fast keiner zu Gesicht, außer die Kameras, die direkt vor der Bühne standen. Die Stimme der berühmten Frau aus Schweden hallte durch den Regen:

"Woh, 35.000 tausend Leute, ich danke Euch – Ihr seid der Wandel, ihr seid die Hoffnung! Die Kohle, die nur der Gier der Konzerne dient, muss in der Erde bleiben. Wie ist es im Jahr 2023 möglich, dass sie unseren normalen Lebensraum und den Lebensunterhalt der Menschen zerstören?"

"Aber wenn Regierungen, und Konzerne scheitern, wird das Volk aufstehen. Deutschland, als eines der größten Umweltverschmutzer der Welt, muss in die Verantwortung genommen werden. Wir werden den globalen Kampf für Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit fortsetzen."

Bei Twitter wurden daraufhin Statistiken gepostet, die Thunbergs Einordnung der deutschen Umweltverschmutzung infrage stellten.

Die Autorin vernahm auch noch Bruchstücke des Vortrags eines ursprünglich aus Afrika kommenden Redners aus Köln. Er habe gelernt, "die Leitkultur der Deutschen ist das deutsche Grundgesetz. Es gebe aber Momente, da sei man zum Ungehorsam verpflichtet." 

Immer wieder wurde den Aktivisten von der Bühne für ihren Einsatz für das Klimathema gedankt. Man solle sich wegen des verlorenen Lützeraths nicht grämen. Lützerath habe nur als Symbol gedient.

Teilnehmende Parteien und Organisationen

Während man vereinzelt Teilnehmer mit Fahnen der linken Partei sah, waren die Grünen überhaupt nicht zusehen. Besonders viele Demonstranten bekannten sich zu den neuen Organisationen wie "Fridays for Future, "Extinction Rebellion", oder "Ende Gelände" und präsentierten sich mit großen Fahnen. 

Als Symbol für ihren Widerstand trugen viele ein gelbes Andreaskreuz auf ihrer Kleidung, als wäre es ein übergeordnetes Zeichen. Es wurden auch kleinere und größere selbst gebaute gelbe Kreuze mitgetragen.

Auf dem vermatschten Gelände war es schwer, sich einen Überblick über all die beteiligten Organisationen zu verschaffen. Offensichtlich schien der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) mit am deutlichsten vertreten zu sein. Auf einem mit viel Sand trockengelegten Bereich hatte er sogar einen Stand aufgebaut.

Der BUND war bis vor ein paar Jahren insbesondere für seine fachlich versierte Kritik und sein präsentes Engagement gegen Gentechnik und Glyphosat in der Landwirtschaft bekannt. Auf die Frage, warum der Kampf gegen Gentechnik und Ackergifte beim BUND zuletzt kaum noch präsent wäre, antwortete ein BUND-Vertreter am Stand: "Dafür gebe es zurzeit kaum öffentliches Interesse." Die Berichterstatterin hakte noch einmal nach. Erst kürzlich, im Dezember, wäre unter dem Radar der Öffentlichkeit die Zulassung von Glyphosat durch die EU-Kommission nochmals um ein weiteres Jahr verlängert worden. Dagegen hätte der BUND nicht wahrnehmbar protestiert. Das würde die Gesellschaft, wie zuvor erwähnt, im Moment nicht interessieren, wiederholte der Umweltschutzvertreter.

Gegen 15.00 Uhr kämpften sich Rettungswagen durch das Getümmel, da mussten alle mal kurz in den Schlamm ausweichen. Es gab das Gerücht, dass es in Lützerath "jetzt abgeht". Bei stürmischem Wetter zogen die Aktivisten auf den schmalen Wegen wieder ab. Unter diesen Umständen ließ sich am Boden kaum ausmachen, wie viele sich unterdessen durch den Schlamm zur Abbruchkante und nach Lützerath aufmachten.

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