Deutschland

Causa Correctiv: Vermeintlich nicht existierende Tonaufnahmen und eine Apple Watch

Ein Online-Artikel über ein privates Treffen wird zum Politikum. Die verantwortliche Correctiv-Redaktion kann das Agieren anderer Medien nicht nachvollziehen, die kritische Nachfragen stellen und auf Widersprüche hinweisen. Ein Zitat des Correctiv-Geschäftsführers führt nun zu weiteren Fragen.
Causa Correctiv: Vermeintlich nicht existierende Tonaufnahmen und eine Apple Watch© Screenshot: YT/Correctiv

Von Bernhard Loyen

Das Redaktionsteam um den Gründer des "gemeinnützigen Recherche-Büros" Correctiv, David Schraven, und seine mitverantwortliche Leitungskollegin Anette Dowideit erfährt nicht nur Begeisterung, Applaus und Respekt für seinen vermeintlich investigativen Artikel: "Neue Rechte – Geheimplan gegen Deutschland". Seit dem 10. Januar werden von mehrheitlich alternativen, aber auch zunehmend etablierten Medien mehr als angebrachte Fragen gestellt und Widersprüchlichkeiten aufgedeckt. Mittlerweile haben zwei verleumdete Teilnehmer Anzeige gegen die Correctiv-Redaktion erstattet. Diese Entwicklung "eines umstrittenen Geheimtreffens", so die jüngste ARD-Formulierung, schaffte es sogar bis in die Tagesschau vom 15. Februar. Inhalte der anscheinend nicht mehr "skandalösen" Zusammenkunft wurden laut Klageschrift "nicht richtig wiedergegeben:

Die verantwortlichen "Recherche-Akteure" zeigen sich dabei schmallippig und pikiert. So echauffiert sich Schraven auf LinkedIn:

"Wir kriegen gerade von AfD nahen Autoren aus Zeitungen, die noch nicht komplett verrückt sind, ähnlich lautende Anfragen [...] Inhaltlich ist es im Kern darauf angelegt, uns zu diskreditieren sowie die Diskussion auf Nebenschauplätze abzulenken [...]."

Die ermittelnde, weil benötigte Justiz sind also Nebenschauplätze. Annähernd amüsant ist die Beschwerde, dass "rechte Blogger" es wagen, das zu machen, was das Correctiv-Team im November 2023 in Potsdam heimlich beauftragte, nämlich fotografieren. Jedoch, so der Vorwurf, befinden sich die unlauteren Blogger "vor unserem Büro, um unsere Kollegen zu filmen und einzuschüchtern". Schraven resümiert: "Es wird rauer", also die Stimmung. Da möchte man ihm nicht widersprechen. Eine bewusste Förderung der gesellschaftlichen Spaltung bringt nun mal Schwingungen mit sich.

Die stellvertretende Correctiv-Chefredakteurin Anette Dowideit bestätigte gegenüber dem Branchenmediendienst Kress in einem Interview, dass der wirksame "Sensationsartikel" über rein zugespielte Informationen entstand. Dowideit wörtlich:

"Es ist richtig, dass unser Reporter nicht selbst im Raum war. Wir haben die Teilnehmer des Treffens, die wir im Text zitieren, vor der Veröffentlichung aber mit den Inhalten konfrontiert ‒ niemand hat sie grundsätzlich dementiert. Das spricht doch stark dafür, dass die Informationen richtig sind."

Diese Information ist mehr als relevant, da Tonmitschnitte von privaten Veranstaltungen auch weiterhin noch nach § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) strafbar sind. Das Correctiv-Team bestreitet allerdings, dass Tonmitschnitte im Artikel verwendet wurden, sondern nur "schriftliche Gesprächsprotokolle" eingeschleuster Akteure.

Schraven gab ebenfalls, noch berauscht von der Wirkung des Artikels, einem "nicht rechten" Medium ein Interview und Detailinformationen des Agierens in Potsdam. Am 11. Februar informierte die US-Webseite Semafor ‒ gegründet im Jahr 2022 von einem ehemaligen "Chefredakteur von BuzzFeed News und Medienkolumnisten der New York Times" sowie dem "ehemaligen CEO von Bloomberg Media" ‒ in ihrem "Media-Newsletter" über den von ihr titulierten "größten Knüller des Jahres, vielleicht des Jahrzehnts". Gina Chua, die Autorin der Meldung, war früher unter anderem leitende Redakteurin bei der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Textpassage über die deutschen Kollegen lautet:

"Für Correctiv-Gründer und -Geschäftsführer David Schraven ist dies die folgenreichste Geschichte, an der die Nachrichtenredaktion je gearbeitet hat. 'Wir haben zehn Jahre lang trainiert', sagte er gegenüber Semafor in Anlehnung an den Fußball. 'Jetzt sind wir im Spiel.'"

So weit, so kollegial. Interessanter an dem Kurzartikel ist, was Schraven zu den Vorgängen im November 2023 verrät. So heißt es:

"Und der Insider-Tipp dieses Hinweises ist selbst eine filmreife Geschichte. Als Correctiv von dem Treffen erfuhr, schickte es mehr als ein Dutzend Mitarbeiter los, um es zu überwachen. Sie bemühten sich um ein Zimmer in dem ausgebuchten Hotel, in dem sie sich versammelten, um einen verdeckten Reporter in das Gebäude zu schmuggeln. Der eingeschleuste Reporter streifte mit einer leeren Tasse durch die Flure und schwenkte sie als Vorwand, um in geschlossene Sitzungsräume hinein- und wieder hinauszugehen, auf der Suche nach der schwer zu findenden Tasse Kaffee. In der Zwischenzeit nahm er Ton, Video und Fotos mit seiner Apple Watch auf."

Im englischen Original heißt es "through his apple watch" ‒ könnte damit die technische Möglichkeit gemeint sein, dass die Armbanduhr als "Fernbedienung", also unterstützender Auslöser von Kamera und Ton eines iPhones eingesetzt wurde? Technisch ist die Verknüpfung von Apple Watch und einem iPhone ohne Probleme möglich. Das Medienmagazin Übermedien wollte daher von Dowideit wissen, ob dieser Punkt aufgeklärt werden könnte. Die Correctiv-Mitarbeiterin antwortete nur bedingt entlastend:

"Die Videobilder, die mit der Apple Watch gemacht wurden, sind einfach nur die kurzen Sequenzen aus der Lobby des Hotels, während die Gäste ankamen – die schon in einer Reihe von TV-Beiträgen zu sehen waren."

Mehr nicht, es wurden keinerlei Tonsequenzen mitgeschnitten? Medial vollkommen unbeachtet ist zudem weiterhin die unterstützende und aktive Rolle von Greenpeace in der Causa. Dazu erklärt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, in einem Interview:

"Greenpeace hat Hinweise auf eine Veranstaltung des 'Düsseldorfer Forums' im November 2023 im Landhaus Adlon am Lehnitzsee in Potsdam erhalten [...] Wir wurden darauf aufmerksam, dass auch Correctiv zu diesem Thema arbeitet, aber mit der Recherche bereits deutlich weiter fortgeschritten war. Daher entschlossen wir uns, Correctiv mit unseren Rechercheergebnissen zu unterstützen."

Die inhaltliche Ausrichtung von Greenpeace bestehe laut Kaiser in der "Förderung des Umwelt- und Tierschutzes sowie des Friedens und der Völkerverständigung". Dazu würde auch "die Auseinandersetzung mit und das Aufdecken von rechtsextremistischen Kräften, die auf die systematische Ausgrenzung und die Vertreibung von Menschen abzielen", zählen. Inwieweit möglicherweise ein Greenpeace-Mitarbeiter den verdeckten "Reporter mit seiner Apple Watch" darstellen könnte, könnte noch relevant werden, ausgehend von der laufenden Klage verleumdeter Anwesender. In dem Correctiv-Artikel heißt es zu diesem nun zu klärenden Punkt, der möglichen Verwendung von "Tondokumenten":

"Dazu kam, dass Greenpeace zu dem Treffen recherchierte und CORRECTIV Fotos und Kopien von Dokumenten überließ."

Die gesamte Causa "Correctiv" entwickelt sich daher weiter dynamisch zu einem verschärften Politikum, mit mehreren Ebenen eines medial-politischen Skandals. Der klagende Staatsrechtler Ulrich Vosgerau resümiert in einer Zwischenbewertung am 16. Februar:

"Correctiv kaputt! Frau Dowideit sagt inzwischen nur noch: Niemand bestreite, dass das Treffen in Potsdam wirklich stattgefunden habe und dass das Wort 'Remigration' dort gefallen sei! Und das war's wohl inzwischen auch schon."

Vosgerau schlussfolgert weiter zu den Ereignissen seit dem 10. Januar:

"Keine Rede mehr von der Ausbürgerung von Deutschen, von der Selektion nach Hautfarbe, von Vertreibung oder Deportation, weiterhin von der Vertreibung auch von Deutschen, die noch nicht einmal ausländischer Herkunft, sondern nur politisch andersdenkend seien... ‒ Das hatten die sich alles nämlich einfach nur ausgedacht. Und dann sollte es so lange im ÖRR wiederholt werden, bis es allgemein als 'wahr' gilt. Das war der Plan. Sozusagen: der echte Geheimplan gegen Deutschland."

Am 29. Januar zitierte die Berliner Zeitung den sensiblen und dünnhäutigen Correctiv-Gründer Schraven mit der lapidaren Feststellung zum Thema von Portal-Treffen mit Vertretern der vormaligen Bundesregierung unter Angela Merkel: "Wir führen über diese Arten von Treffen kein Buch". Diese konspirativen Meetings setzten sich bis in die Gegenwart fort, dies auch mit jüngsten Zusammenkünften mit Kanzler Scholz persönlich. 

Die kommenden Wochen werden nun zeigen, ob das vermeintlich argumentative unzerstörbare Gerüst ‒ einer investigativen unangreifbaren Verleumdungsgeschichte ‒ samt Fundament weiter wackelt, bröckelt und vom nahenden Einsturz bedroht ist.  

Vosgeraus betreuender Anwalt Carsten Brennecke teilte zumindest schon einmal im Rahmen eines X-Postings mit, dass der Interviewhinweis des Einsatzes einer Apple Watch durch David Schraven seine Aufmerksamkeit erzielt hätte und die Correctiv-Verantwortlichen "immer mehr in Widersprüche verstrickt" seien. Dies könnte daher "dem laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Aufwind geben". Brennecke stellt fest:

"Die Berichterstattung von Semafor wird sicherlich auch zum Gegenstand des Ermittlungsverfahrens werden. Es wird interessant, wie Correctiv diese Berichterstattung des US-Nachrichtenmagazins über angebliche illegale Abhörmaßnahmen nun erklärt."

Das Portal Tichys Einblick fragt: "Darf man schon von einem 'Correctiv-Gate' sprechen? Falschaussagen, Schwindeln, illegales Abhören ‒ die vermeintlichen Recherchen werden zu einem Haufen Schmutzwäsche". 

Mehr zum Thema - Causa Correctiv: "Rechercheportal" wird durch "Geheimtreffen"-Beschuldigte juristisch angezeigt

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