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Kosmische "Krise"? Universum expandiert noch schneller als angenommen

Die Abweichung der "gemessenen" Geschwindigkeit von der erwarteten "berechneten" Geschwindigkeit, mit der sich das Universum auszudehnen scheint, ist seit langem eine der hartnäckigsten Anomalien der Kosmologie. Aktuelle Daten deuten auf eine zusätzliche Beschleunigung.
Kosmische "Krise"? Universum expandiert noch schneller als angenommenQuelle: www.globallookpress.com © ESA/via Globallookpress.com

Adam Riess von der Johns Hopkins University, der 2011 den Nobelpreis für Physik für seinen Beitrag zur Entdeckung der dunklen Energie erhielt, ist "excited."

Ich kann gar nicht genug betonen, wie aufgeregt ich bin", so Riess.

Anfang Dezember erhielten Berufs- und Hobby-Astronomen in aller Welt eine neue, detailreiche Sternenkarte für die Milchstraße. Der dritte Teil des von der Sonde "Gaia" erstellten Datenarchivs wurde veröffentlicht, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mitteilte.

Der sogenannte Sternenkatalog enthalte unter anderem Informationen über lichtschwächere Sterne in der Umgebung der Sonne und Gebiete in den Außenbereichen unserer Galaxis. Das große Plus ist den Angaben zufolge die neue Qualität der Daten im Vergleich zu vorangegangenen Veröffentlichungen. Im gesamten Katalog sind bislang 1,8 Milliarden Himmelskörper verzeichnet – für rund 1,5 Milliarden Einträge seien die Messungen signifikant verbessert worden.

Für Astronomen ist die Datenbank ein Highlight. Laut der populärwissenschaftlichen Zeitschrift Quanta Magazin habe die Menschheit damit plötzlich Informationen, die sich viele seit Ewigkeiten gewünscht hatten: Die genauen Entfernungen zu nahezu unzähligen Sternen.

So schwärmt Barry Madore, ein Kosmologe an der University of Chicago und den Carnegie Observatories:

"Geben Sie den Namen eines Sterns oder seine Position ein, und in weniger als einer Sekunde haben Sie die Antwort."

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Die vor fast genau sechs Jahren gestartete ESA-Raumsonde "Gaia" wurde seitdem dafür genutzt, das Universum aus einem Abstand von etwa 1,5 Millionen Kilometern von der Erde zu beobachten und zu vermessen. Das Teleskop hat die "Parallaxen" (winzige Verschiebungen der scheinbaren Positionen der Sterne am Himmel im Verlauf einer halben Erdumrundung um unsere Sonne) von 1,3 Milliarden Sternen gemessen, wodurch deren Entfernungen berechenbar werden. Als Maßeinheit wird daher das Parsec von Kosmologen bevorzugt, wobei ein Parsec etwa 3,26 Lichtjahren oder 206.000 Astronomischen Einheiten, dem Abstand der Erde von unserer Sonne, entspricht. Der aktuelle Katalog – mit den Gaia-Daten erstellt – enthält auch jene speziellen Sternklassen, deren Entfernungen als Helligkeits-Eichgrößen und daher als Maßstab für die Messung aller weiteren kosmologischen Entfernungen dienen. Somit liefern die Daten neue Erkenntnisse für eines der größten Rätsel der modernen Kosmologie, die unerwartet schnelle Expansion des Universums.

Seit langem beschrieb die sogenannte Hubble-Konstante, dass die Mehrzahl von Galaxien sich von uns entfernt, und zwar mit Geschwindigkeiten proportional wachsend zu ihrer jeweiligen Entfernung. Damit wird angegeben, um wie viel eine Galaxie sich schneller entfernt, wenn sie weiter von unserer Galaxis entfernt ist.

Laut bisher bekannten Beschreibungen des Kosmos durch Gleichungen sollte sich das Universum in der Art einer kosmischen Ausdehnung mit einer Geschwindigkeit von 67 Kilometern pro Sekunde pro Megaparsec vergrößern. Doch laut jüngeren Messungen entfernen sich die Galaxien noch schneller, also zu schnell für die bisherigen formellen Beschreibungen.

Das Team um Riess hat die neuen Daten verwendet und die Ausdehnungsrate auf 73,2 Kilometer pro Sekunde und Megaparsec abgeschätzt. Damit scheinen auch die neuen Daten die Abweichung von der bisher vorhergesagten, weitaus geringeren Rate von 67 km/s pro Megaparsec zu bestätigen. Dies deutet darauf hin, dass die Ausdehnung des gesamten Kosmos einer noch immer unbekannten Beschleunigung unterliegen könnte. Die Kosmologin in Chicago und am Carnegie Observatories Wendy Freedman hofft daher, dass es eine weitere aufregende Entdeckung zu machen gibt. "Aber wir wollen sichergehen, dass wir richtig liegen. Es gibt noch einiges zu tun, bevor wir das eindeutig sagen können."

Die verbesserten Resultate ihres Teams aus der Messung der kosmischen Expansionsrate sollen im Januar veröffentlicht werden.

Gemäß dem Ziel der Satellitenmission "Gaia" der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die am 19. Dezember 2013 mittels einer Sojus-Trägerrakete gestartet worden war, sollen Positionen, Bewegungen, Entfernungen und Helligkeiten von fast zwei Milliarden Himmelskörpern – nämlich rund einem Prozent unserer Galaxis – quantitativ erfasst werden. Diese Parameter helfen zu bestimmen, worum es sich bei diesen Objekten genau handelt und wie sich diese derzeit weiter bewegen und entwickeln. Anfang 2014 erreichte Gaia ihre dafür gut geeignete Position nahe dem sogenannten Lagrangepunkt L2 des Systems Sonne-Erde, der sich in etwa vierfacher Mondentfernung (also 1,5 Millionen km) von der Sonne gesehen hinter der Erde befindet. Dort wirkt eine Gravitation von Erde und Sonne derart, dass diese Position stets in einem festen Abstand von der Erde deren Umlauf um die Sonne folgt. Diese Position ermöglicht Gaia somit einen ungestörteren Blick in das Weltall, als es jeder Apparatur in einer Erdumlaufbahn möglich wäre. 2016 und 2018 wurden die ersten beiden Sternenkataloge vorgelegt. Die Sonde soll noch bis zum Jahr 2025 Daten sammeln. Pro Tag beobachtet sie den Angaben zufolge durchschnittlich 850 Millionen Objekte und sammelt dabei rund 20 Gigabyte an Daten.

Der im Dezember dieses Jahres erschienene Katalog liegt digital vor; allerdings nicht gedruckt, denn dann wäre er ein mehr als 100 Kilometer dickes Buch. Der Datenfundus sei für die gesamte Welt zugänglich, erklärte Katja Weingrill vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam. "Nicht nur die Wissenschaftler und Forscher können auf diese Daten zugreifen, sondern auch jeder interessierte Hobby-Astronom."

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