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Ohio-Zugunglück: Bahnlobby spendete für Trump, der nahm Sicherheitsgesetz zurück

War das Ereignis von Ohio ein Unfall mit Ansage? Warum besitzen die Züge für Gefahrgut in den USA keine speziellen modernen Bremsvorrichtungen? Die Wurzeln der Tragödie von East Palestine finden sich im US-Wahlkampf 2016. Ein Youtube-Channel dokumentiert das desaströse Schienennetz einer vermeintlich überlegenen Weltmacht.
Ohio-Zugunglück: Bahnlobby spendete für Trump, der nahm Sicherheitsgesetz zurückQuelle: AP © Gene J. Puskar/Associated Press

Seit Jahrzehnten durchqueren tickende Zeitbomben in Form von Eisenbahnzügen mit bis zu einem Kilometer Länge die USA. Diese sind regelmäßig auch beladen mit leicht brennbaren und hochgiftigen chemischen Wirkstoffen, Benzin oder Öl. Das tragische Ereignis in der Kleinstadt Palestine in Ohio war dabei nicht der erste fatale Vorfall und es war nur eine Frage der Zeit, bis es erneut zu einer Katastrophe kommen würde. 

Nach jüngsten Medien-Informationen waren nach Angaben der US-nationalen Verkehrssicherheitsbehörde (National Transportation Safety Board) zwanzig der fünfzig zuletzt entgleisten Waggons mit gefährlichen Stoffen beladen, zwölf davon mit dem gesundheitsgefährdenden Vinylchlorid. Der republikanische Gouverneur Mike DeWine teilte zudem auf einer Pressekonferenz am Dienstag mit, dass noch geklärt werden müsse, warum "der Zug von Norfolk Southern, der am 3. Februar in East Palestine entgleiste, in den Papieren nicht als Gefahrgut-Zug eingestuft wurde".

Am 8. Februar wurde seitens der Eisenbahngesellschaft Norfolk Southern die "kontrollierte Freisetzung" der giftigen Chemikalien beantragt und über den zuständigen Gouverneur Mike DeWine genehmigt. Die Eisenbahngesellschaft informierte in einer offiziellen Mitteilung, dass das Unternehmen den Unglücksort "gründlich, verantwortungsbewusst und sicher reinigen" werde. Ein eingerichtetes "Family Assistance Center" werde "Gemeindemitgliedern bei der Deckung unmittelbarer Bedürfnisse helfen". Norfolk Southern hat zudem am 13. Februar mitgeteilt, einen Unterstützungsfonds für die Gemeinde eingerichtet zu haben. Diesbezüglich heißt es in der Veröffentlichung:

"Bis heute wurde mehr als 700 Familien und einer Reihe von Unternehmen geholfen. Insgesamt wurden mehr als 1 Million Dollar direkt an die Familien verteilt, um die mit der Evakuierung verbundenen Kosten zu decken. Dazu gehören Erstattungen und Bargeldvorschüsse für Unterkunft, Reisen, Lebensmittel, Kleidung und andere damit verbundene Dinge."

220.000 Dollar erhielt die lokale Feuerwehr von East Palestine. Dies gehe laut Mitteilung "weit über eine anfängliche Spende von 25.000 Dollar an das Rote Kreuz von Ohio zur Unterstützung der in der East Palestine High School eingerichteten Unterkunft hinaus".

Rückblick – wäre das New Palestine Zugunglück zu vermeiden gewesen?

Im Jahre 2012 entgleiste in Paulsboro, einer kleinen Stadt in New Jersey, ein Zug und setzte dabei rund 85.000 Liter giftiges Vinylchlorid über das entstandene Feuer frei. Auch in Bezug dieses Unfalls lautete ein altbekanntes US-Problem, dass die meisten Züge in den USA weiterhin zum größten Teil veraltete Technik aus der Zeit des Bürgerkriegs verwenden. Die Lehre des Ereignisses in Paulsboro lautete nach damaligen Plänen, zukünftig alle Zugunternehmen dazu zu verpflichten, "elektronisch gesteuerte pneumatische Bremsen", kurz ECP, an ihren Waggons einbauen zu lassen. 

Rund drei Jahre später, folgend diverser theoretischer Verlautbarungen und Ankündigungen, titelte die Washington Post zuerst im Februar 2015 (Bezahlschranke): "Züge transportieren – und verschütten – eine Rekordmenge an Öl" und im Oktober des gleichen Jahres: "Die Züge fahren weiter, trotz eindringlicher Warnungen vor einer bundesweiten Frist für die Sicherheitsausrüstung". Im Rahmen eines diesbezüglichen Interviews kommentierte Edward R. Hamberger, damaliger Präsident und CEO des Verbands der amerikanischen Eisenbahnen, unbeeindruckt (ab Min. 01:37): "Wir wollen Bundesvorschriften, wenn sie notwendig sind, und nicht nur als Reaktion auf eine Schlagzeile in der Washington Post". Im Jahr 2023 informiert die Washington Post Bezahlschranke)nun zu dem Ereignis in Ohio, dass "es in den Vereinigten Staaten jedes Jahr zu ungefähr 1.000 Zugentgleisungen kommt".

Im Jahr 2016 investierten Lobbyverbände der Bahnindustrie Millionenbeträge in den anstehenden US-Wahlkampf. Die Trump-Administration, "unterstützt von Bahnlobbyisten und Republikanern im Senat", hob daraufhin laut Informationen der US-Seite Lever News "einen Teil der Vorschriften auf, die darauf abzielten, bessere Bremssysteme auf den Schienen des Landes zu etablieren". Im Dezember 2017, nach der Amtseinführung Donald Trumps im Januar als US-Präsident, heißt es dann auf der US-Seite Railway Age, wie auf Lobbyisten-Rechnung bestellt:

"Das US-Verkehrsministerium hat am 4. Dezember eine Vorschrift der Federal Railroad Administration aus dem Jahr 2015 aufgehoben, wonach Güterbahnen bei bestimmten Zügen, die gefährliche, brennbare Güter wie Ethanol und Rohöl in DOT-117-Kesselwagen befördern, elektronisch gesteuerte pneumatische Bremsen (ECP) einsetzen müssen."

Weiter heißt es ausführend, dass der NAS/TRB-Bericht (zweier "unabhängiger" US-Sicherheitsbehörden) vom Oktober 2017 feststellte, dass "der Ansatz des US-Verkehrsministeriums, ECP-Bremsen gegenüber anderen Technologien vorzuschreiben, "unvollständig und nicht überzeugend" war". Er kam demnach nicht zu dem Schluss, dass "die Notbremsleistung von ECP-Bremsen anderen Systemen überlegen ist". 

Daher musste die US-Bahnindustrie auch rückblickend und über die Jahre verzögert nicht einmal beginnen, die ursprünglichen Pläne von sicheren ECP-Bremssystemen umzusetzen und provozierte somit die fatalen Auswirkungen, zuletzt im Februar 2023 in East Palestine in Ohio. Besser gesagt – Kostenminimierung auf dem Rücken der Opfer von kalkulierten Zugunglücken. Reine Profitsicherung geht offensichtlich vor Sicherheit.

Vor dem Ohio-Ereignis hatte im Dezember 2022 der amtierende demokratische US-Präsident Joe Biden einen aktuellen Streik der Eisenbahner-Gewerkschaften offiziell verboten. In diesem ging es nicht um Sicherheitsfragen, sondern um den Versuch von zwölf US-Gewerkschaften und den großen Eisenbahnunternehmen, sich über mehr als zwei Jahre auf einen neuen Vertrag zu einigen. Anfang des Jahres 2022 wandte man sich dann an die Regierung, um einen Kompromiss für die mehr als 100.000 betroffenen Beschäftigten zu finden. Angekündigte Streiks wurden untersagt. Nun gehen enttäuschte, daher unmotivierte Bahnmitarbeiter, gesamtverantwortlich für veraltete und unzuverlässige Technik auf einem desaströsen Schienennetz weiterhin ihrer Arbeit nach. 

Aktuelle Dokumente würden laut US-Medien nun aufzeigen, dass sich eine US-Bundesbehörde "bei der Ausarbeitung der derzeitigen Verkehrssicherheitsvorschriften auf die Seite der Industrielobbyisten stellte und die Vorschriften für den Transport gefährlicher Stoffe einschränkte". Ausgehend von dieser "Entscheidung wurden viele Züge, die gefährliche Stoffe befördern – darunter auch der Zug in Ohio – von der Einstufung als 'hochgefährlich' und den damit verbundenen strengeren Sicherheitsanforderungen ausgenommen".

Verschiedene alternative US-Medien verwiesen im Verlauf der Woche auf die Tatsache, dass bekannte Anteilseigner an Norfolk Southern die Finanzbranchenriesen BlackRock (4,57 Prozent), Vanguard (8,04 Prozent) und der eher unbekannte viertgrößte Vermögensverwalter der Welt, State Street Global Advisor (4,46 Prozent) sind.

Das Zugunglück im Jahre 2012 kostete das betroffene Unternehmen Consolidated Rail Corporation (Conrail) "etwa 30 Millionen Dollar für die Notfallmaßnahmen und die Beseitigung der Schäden". Das Ohio-Umweltdesaster wird für Norfolk Southern um einiges teurer ausfallen, aufgrund fahrlässig unterlassenem Einbau des ECP-Bremssystems an den firmeneigenen Waggons. Ein Youtube-Channel dokumentiert anhand von Video-Beispielen den aktuell desaströsen Zustand des Schienennetzes in den USA. Ein Twitter-Beitrag lautet diesbezüglich:

"Dies ist keine Eisenbahn in einem Dritte-Welt-Land. Das ist in Ohio."

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