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Wall Street Journal kürt Putin zum "Gewinner des Jahres" – das ZDF hat seinen Keupp

Obwohl es ihm "keine Freude bereitet" ‒ ein Kolumnist der US-Zeitung Wall Street Journal erklärt Wladimir Putin zum politischen Gewinner des ausgehenden Jahres. Seine Position sei "unermesslich stärker" geworden im Vergleich zum Jahr zuvor.
Wall Street Journal kürt Putin zum "Gewinner des Jahres" – das ZDF hat seinen Keupp© Ramil Sidtikow

Von Wladislaw Sankin 

"Es bereitet mir keine Freude, Wladimir Putin zum geopolitischen Gewinner des Jahres zu erklären." So fängt der Kolumnist des einflussreichen Wall Street Journal (WSJ) Gerard Baker seine eigene "Kür" für den russischen Präsidenten an. Selbst "massiver Schaden", den die Ukraine Russland weiterhin zufügt, hält ihn nicht von dieser Bewertung ab. Wir erinnern uns: Die US-Offiziellen reden offen darüber, dass die US-Hilfen eine gute Investition in die militärische Schwächung Russlands seien, ohne dass US-Soldaten dabei sterben. Trotz all den Problemen, die der Krieg mit sich bringt, sei die Position Putins also "unermesslich stärker" als noch vor einem Jahr, so Baker weiter. Er nennt vier Gründe für diese Schlussfolgerung:

"Die viel gepriesene Gegenoffensive Kiews ist ins Stocken geraten; Putins Wirtschaft hat den westlichen Sanktionen standgehalten; die Entschlossenheit der Europäer schwindet; die amerikanische Unterstützung bröckelt."

Natürlich bleibt der US-Kolumnist einer liberalen Zeitung sich selbst treu und beschimpft Putin in der bewährten propagandistischen Manier als einen Autokraten, der Geiseln nimmt und unschuldige Ukrainer "abschlachtet" (derartige Vorwürfe gegenüber der israelischen Armee, die zehntausende Palästinenser innerhalb nur weniger Wochen buchstäblich weggebombt hat, bleiben erspart). Mit diesen Abstrichen bescheinigt er Putin strategische Geduld, die sich langsam auszuzahlen scheint. 

Andere "Gewinner" des Jahres sind seiner Meinung nach US-Milliardär Elon Musk mit seinen weiterhin guten Geschäften sowie die US-Wirtschaft, die wider Erwarten gute statistische Ergebnisse zeigt. Verlierer des Jahres sei China, das sich Baker zufolge immer schwerer tut, demographischen und strukturellen Herausforderungen zu trotzen. 

Zwar ist dies die Meinung eines Kolumnisten, dessen Aufgabe es ist, bewusst zuzuspitzen. Aber der entsprechende Titel erscheint in der wichtigsten Finanzzeitung der westlichen Hemisphäre und wird so, in dieser schlagzeilenartigen Form, in die ganze Welt getragen. Auf diese Weise wird der Titel eines Artikels zu einer Botschaft. 

Um ein Land macht diese Kunde einen Bogen. Ein Blick in den deutschen Blätterwald macht deutlich, um welches. Hierzulande ist oft noch Folgendes zu lesen: "Russland spürt Putins Wirtschaftspolitik ‒ Neujahr droht Debakel: Erinnerungen an Sowjetzeiten" (Münchner Merkur), "Sanktionen gegen Russland: 'Putin ist gescheitert'" (Institut der deutschen Wirtschaft). "Kommt der (russische) Kollaps noch?", fragt sich das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die krasseste Gegenthese zur Mainstream-Position in der angelsächsischen Presse, dass die Ukraine im Kriegsgeschehen derzeit, gelinde gesagt, im Nachteil liegt und Russland im Vorteil ‒ diese Zuversicht strahlt auch Putin selbst aus, der in den letzten Wochen medial und politisch außerordentlich aktiv ist ‒, liefert weiterhin das ZDF. So sieht der vom Sender ausführlich befragte Militärökonom Marcus Keupp Russland trotz stockender Ukraine-Hilfe nach wie vor im Nachteil. Der Youtube-Thumbnail mit dem Schriftzug "Putins Probleme" verspricht Beruhigung und haucht kurz vor Weihnachten sogar ein wenig Optimismus ein, wenn man die Geduld hat, das langatmige Interview mit dem Experten zu Ende zu schauen. 

Das Problem ist nur: Derselbe Experte hat noch vor acht Monaten ebendort beim ZDF behauptet, Putins Niederlage sei im Oktober zu erwarten. Wer lädt schon jemanden weiterhin zu Expertengesprächen ein, der in seinen Prognosen so auffällig danebenlag? Antwort: Deutsche Medien, wenn sie weiterhin der Ansicht sind, der Ukraine-Krieg sei sinnvoll. Da Deutschland nun den Staffelstab der schwächelnden US-Unterstützung der Ukraine übernehmen soll, scheint auch der Zweckoptimismus der deutschen Medien auf brutale Weise mehr als logisch. An den späteren Kater, der dadurch nur noch mehr Kopfschmerzen verursachen wird, denkt im Moment noch keiner. 

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