Meinung

EU und USA machen Druck: Die Neue alte Falle für Serbien

Serbien im Spagat zwischen Russland und dem Westen – das Balkanland könnte mit einem gemeinsamen Druck der USA und der EU rechnen. Das sind nur einige der Themen, die in den letzten Tagen den öffentlichen Raum nicht nur dieses Landes, sondern des gesamten westlichen Balkans beherrschen.
EU und USA machen Druck: Die Neue alte Falle für SerbienQuelle: Reuters © HAZIR REKA

Ein Meinungsbeitrag von Marinko Učur, Banja Luka

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Druck vor dem Regierungswechsel in Washington zugenommen hat – insbesondere nach der Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten in der vergangenen Woche, in der politische Ansätze erörtert wurden, die die Regierung des künftigen US-Präsidenten Joe Biden auf den Westbalkan anwenden könnte.

In den Vereinigten Staaten schließen albanische Lobbyisten ihre Reihen und versuchen, der neuen Regierung die Festlegung von Prioritäten auf dem Post-Konfliktgebiet des Balkans zu erleichtern. Es ist unnötig zu erwähnen, dass es Mitglieder der Partei des neu gewählten demokratischen US-Präsidenten waren, die 1999 eine Schlüsselrolle bei der Militäroperation zur Bombardierung Serbiens spielten. Zu den lautstärksten Befürwortern des anhaltenden Drucks auf die Serben, der Ende der Neunzigerjahre während der Clinton-Regierung ausgeübt wurde, gehören die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, Eliot L. Engel.
Vor nicht allzu langer Zeit kritisierte Engel die Trump-Regierung "wegen des Mangels an Ehrgeiz, ein Gleichgewicht zwischen Belgrad und Priština herzustellen – vor dem Hintergrund, dass Serbien die Beziehungen zu Moskau durch die Steigerung des Imports russischer Waffen vertieft".

Natürlich spielt die NATO in der jüngsten Kampagne ehemaliger US-amerikanischer Beamter und albanischer Lobbyisten ebenfalls eine wichtige Rolle, die ihren Ehrgeiz, den gesamten Westbalkan in der Allianz zu sehen, nicht verbirgt. Derzeit lehnt Serbien diese Pläne mit Nachdruck ab und bekräftigt seine "militärische Neutralität". So auch die Republika Srpska, die die Mitgliedschaft Bosniens (wo sie die Möglichkeit hat, ein Veto einzulegen) in der Allianz nicht blockieren würde – jedoch nur unter der Bedingung, dass Serbien dies akzeptiert. Dies scheint derzeit allerdings nicht der Fall zu sein.

Jede Erwähnung der Namen von Bill Clinton, Madeleine Albright, Wesley Clark und Eliot L. Engel weckt beim durchschnittlichen serbischen Bürger ein Gefühl von Resignation und Wut, weil er jene als Schuldige für die Opfer, die Zerstörung des Landes und das Leid des Krieges betrachtet. Diesen führte die NATO 1999 unter dem spöttischen Namen "Barmherziger Engel" gegen ein souveränes Land, Gründungsmitglied der UN, ohne die Zustimmung der Weltorganisation.

Einer der Teilnehmer an der Debatte in den USA in der vergangenen Woche, Daniel Serwer, Professor an der Johns Hopkins University in Washington, sagte, er glaube, "viele Serben werden Madeleine Albrights neue Rolle nicht schätzen, da sie –nachdem die Verhandlungen in Rambouillet gescheitert waren – die Beteiligung der NATO am Krieg gegen Serbien befürwortete". 
Serwer ging in seiner Position noch einen Schritt weiter und behauptete, dass "es egal ist, was Serben darüber denken, ob Madeleine Albright einbezogen werden sollte oder nicht". "Sie wird einbezogen, weil sie eine ehemalige Staatssekretärin ist. Und wichtig ist die Strömung, nicht so sehr jene in der Demokratischen Partei, sondern jene in der denkenden demokratischen Welt, in dem Teil, der sich um die Außenpolitik kümmert. Und Frau Albright lebte in Serbien, sie spricht Serbisch. Ich denke, das sollte gewürdigt werden", betont Serwer, der versucht, die frühere Rolle der ehemaligen First Lady der Washingtoner Diplomatie zu relativieren. Deren proalbanische Rolle wurde seinerzeit vom Präsidenten des selbsternannten albanischen Staates Hashim Thaçi, der der schwersten Kriegsverbrechen beschuldigt wird und gegen den derzeit in Den Haag ein Verfahren anhängig ist, mit dem "Friedensorden" ausgezeichnet.

Albright betonte auch, dass die Russen in Serbien "das praktizieren, was sie in anderen Teilen Osteuropas bereits tun" (?!) – sie "versuchen, die Demokratie zu untergraben, das Land durch die Anwendung der Taktik der KGB-Agenten vom Westen zu trennen, indem sie dabei die historische Partnerschaft mit Slawen in Europa ausnutzen". Gleichzeitig hat sie, wie viele ihrer Gleichgesinnten aus dem Westen, weder Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt noch eine Antwort auf die Frage gegeben: Wie können diejenigen, die Serbien bombardiert haben, bessere Freunde dieses Landes sein als diejenigen, die die Position Serbiens im UN-Sicherheitsrat prinzipiell verteidigen, indem sie die Mitgliedschaft der abgespaltenen serbischen Provinz in dieser Weltorganisation blockieren?

Auf der anderen Seite wird Eliot L. Engel als der Mann bezeichnet, der nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung der albanischen nationalen Minderheit von Serbien im Jahr 2008 als erster Ausländer vor dem kosovarischen Parlament sprach. Als offener Lobbyist für Priština war er einer der lautstärksten Befürworter der Anerkennung der Unabhängigkeit dieser serbischen Provinz. Die Albaner blieben ihm nicht verpflichtet, und als Zeichen der Dankbarkeit benannten sie eine der Straßen in der Stadt Peć nach ihm.

Es ist interessant, dass das Gerede über ein verstärktes Engagement der US-Amerikaner auf dem Balkan zum Zeitpunkt der "kalten Dusche" aus Brüssel zu hören ist, wo zuvor offiziell angekündigt wurde, dass es keine EU-Erweiterung am Westbalkan und daher auch keine sogenannte "europäische Perspektive" gebe – ein Satz der Brüsseler Bürokraten und der lokalen Eurofanatiker, der schön längst zu einer leeren Floskel mutiert ist.

Gleichzeitig wächst mit dem angekündigten Druck von der anderen Seite des Atlantiks der Druck auf die verbleibenden fünf EU-Länder, die selbsternannte serbische Provinz Kosovo und Metohija* (Spanien, Griechenland, Zypern, Slowakei und Rumänien) anzuerkennen. Derzeit gibt es jedoch keine Ankündigung einer Änderung der Haltung dieser Länder gegenüber dem Kosovo.

Vor diesem Hintergrund wird ein weiteres Spiel westlicher Akteure – vor allem der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union – auf ausländischem Boden folgen. Und der Kollateralschaden könnte der bereits fragile Frieden und die Pattsituation sein, die die Balkanregion einem "eingefrorenen Konflikt" näherbringen, wie auch in Zypern oder in der Region Bergkarabach.

Obwohl Russland weiterhin als Störfaktor auf dem Balkan und Russlands angeblicher "bösartiger Einfluss" als Hindernis für Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region ins Visier genommen wird, ist klar, dass Angriff die beste Verteidigung ist und dass der Westen dort nach Schuldigen sucht, wo es keine gibt.

* Die Verfassung von Serbien definiert das Kosovo nicht als weltweit anerkannt, sondern als "Kosovo und Metohija".

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Mehr zum ThemaUmfrage in Serbien: Nur jeder Dritte unter 30 Jahren für EU-Beitritt

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.