Meinung

Corona, Russland, China – Deutschlands gleichgeschaltete Narrative

Nach Corona und dem Russland-Narrativ wird auch das China-Narrativ in Deutschland gleichgeschaltet. Widerstand durch deutsche Medien ist nicht zu erwarten. Sie haben sich in ihrer Rolle als verlängerter Arm der Regierung längst eingerichtet.
Corona, Russland, China – Deutschlands gleichgeschaltete NarrativeQuelle: www.globallookpress.com © Ju Peng

Von Gert Ewen Ungar

Das Handelsblatt publizierte einen Beitrag, in dem vor einem wachsenden Kontrollverlust deutscher Firmen gegenüber ihrer Aktivitäten in China gewarnt wird. Parteizellen in den Betrieben würden den Einfluss der kommunistischen Partei ausbauen. Diese Parteizellen seien standardmäßig in deutschen Unternehmen installiert, schreibt das Handelsblatt. Das liest sich natürlich alles ganz bedrohlich und vor allem so, als wären sie in anderen Unternehmen in China nicht präsent. Deutsche Unternehmen als Zielscheibe der Kommunistischen Partei Chinas. Der bedrohliche Eindruck wird natürlich ebenso absichtlich erweckt, wie er falsch ist. 

Der Arbeitsrechtler Rolf Geffken weist bereits 2019 in einem Vortrag auf das gegenüber Deutschland deutlich bessere und fortschrittlichere Arbeitsrecht in China hin. Er machte darauf in den vergangenen Jahren immer wieder und immer wütender aufmerksam, denn das Arbeitsrecht in China wird von den selbsternannten China-Experten in den deutschen Medien konsequent ignoriert. In diesem Rahmen sind auch die Präsenzen der Kommunistischen Partei in den Betrieben zu sehen. Sie sind die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer gegenüber dem Betrieb. Verschwiegen wird in deutschen Medien beispielsweise auch die gegenüber Deutschland viel ausgeprägtere Streikkultur in China. In keinem Land der Welt wird so viel gestreikt wie im Reich der Mitte. 

Das klingt in deutschen Ohren sicherlich erstaunlich, denn die aktive Stärkung von Arbeitnehmerrechten durch die Regierung und die direkte Aufforderung an die Arbeitnehmer, ihre Rechte durchzusetzen, passt nicht ins Bild von einer grausamen Diktatur, in der die Grundrechte der Menschen mit Füßen getreten werden. Das Handelsblatt und mit ihm zahllose andere deutsche Medien arbeiten hart daran, dass dieser Mangel an Wissen auch bleibt und berichten weiterhin undifferenziert.

Dass ein großer Teil der Deutschen glaubt, China sei eine Diktatur, über die im Vergleich guten Arbeitnehmerrechte aber nichts weiß, sagt nämlich wieder einmal viel über die defizitäre deutsche Berichterstattung. 

Perspektivisch wird die Wut von Rolf Geffken angesichts der Einseitigkeit deutscher Medien noch zunehmen. Der Ton gegenüber China wird rauer, das Wording diffamierender. Inzwischen wird in Bezug auf die chinesische Führung immer häufiger von "Regime" gesprochen. Wer die deutschen Medien kennt, weiß, hier wird ein Narrativ aufgebaut und festgezurrt. Dass das mediale Bild von China auch nur annähernd einer chinesischen Realität entspricht, kann bezweifelt werden.

Wie schon beim Russland-Narrativ folgen die deutschen Medien politischen Vorgaben. Für das Russland-Narrativ ist eine direkte politische Steuerung belegt. Für das China-Narrativ soll eine eigene China-Strategie im Rahmen der nationalen Sicherheitsstrategie ausgearbeitet werden. Aus der geplanten politischen Einflussnahme auf das China-Bild der Deutschen wird gar kein Hehl gemacht. Man sieht die gesellschaftliche Beeinflussung sogar ganz offen als "Querschnittsaufgabe". Auch in Bezug auf China kann man davon ausgehen, dass jedes offen vorgetragene Bemühen um einen differenzierten Blick von deutschen Medien aktiv verunglimpft wird. Das war bei Kritik an den Corona-Maßnahmen schon so. Auch wird jeder, der es wagt, die Beteiligung des Westens und Deutschlands an einer Eskalation hin zum Krieg in der Ukraine aufzuzeigen, in Deutschland medial gerichtet. 

Man kann also sicher sein, dass wie schon in Bezug auf Russland jede Information mindestens fragwürdig ist, die über China in deutschen Medien verbreitet wird. Das Perfide dabei ist, dass durch die Gleichschaltung aller großen deutschen Medien für den Medienkonsumenten der Eindruck einer Vielfalt entsteht, die nicht gegeben ist. Von der taz bis hin zur FAZ entwerfen alle deutschen Medien das gleiche Bild, also muss es stimmen, ist die große Illusion, die sich für den deutschen Zeitungsleser ergibt.

Das Ausmaß der Gleichschaltung ist gigantisch und ist nicht auf Deutschland und nicht auf die Medien beschränkt. Die Einflussnahme umfasst auch soziale Netzwerke und Multiplikatoren. Das macht es für den einzelnen Bürger faktisch unmöglich zu erkennen, dass es sich um Regierungspropaganda handelt. Versuche der Einflussnahme und Steuerung gibt es dabei nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in den USA, wie ein Leak belegt, über das The Intercept berichtet. Dort werden die sozialen Netzwerke kontrolliert. Die identische Wortwahl zu geopolitischen Themen in der westlichen Presse deutet ebenfalls darauf hin, dass im kollektiven Westen die Narrative zu geopolitischen Themen weitgehend gleichgeschaltet sind. Eine freie Meinungsbildung soll verhindert werden, indem ausschließlich einseitige Informationen zugänglich gemacht und in wertende Begrifflichkeiten gepackt werden.

Insbesondere für Deutschland gilt, die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, dass die großen deutschen Medien ihren journalistischen Auftrag längst preisgegeben haben. Sie wurden widerstandslos zum Sprachrohr der Regierung und wachen mit struktureller Gewalt über das Bürgerverhalten, indem sie abweichende Meinungen und Kritik an der Regierung exemplarisch diskriminieren und öffentlich verunglimpfen. In der Corona-Krise wurde geübt, in der Ukraine-Krise wurde die Technik verfeinert, und wenn es nun um China geht, dann liegt ein voll ausgearbeitetes Instrumentarium vor. 

Der steuerfinanzierte Thinktank Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ist sich jedenfalls sicher, dass die deutschen Medien eine gemeinsame China-Strategie bereitwillig umsetzen werden. Das steht in keiner Weise infrage. 

Sicher ist jedenfalls, dass sich die deutsche Berichterstattung immer weiter von der geopolitischen Realität entfernen wird. Mit ihr entfernt sich auch der deutsche Medienkonsument immer weiter von der Realität. Das allerdings führt nicht dazu, dass die Fakten unwirksam würden. Die Realität bricht dann lediglich überraschend über die Deutschen herein. Für die Deutschen ist das nicht das erste Mal.

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