Meinung

Sicherheitskonferenz: Aus der EU kein Impuls für Frieden – dafür aus China

Die Münchner Sicherheitskonferenz zeigt, dass aus der EU und aus Deutschland keine Impulse für Frieden zu erwarten sind. Initiativen kommen aus China und den Ländern des Globalen Südens. Durch Festhalten am militärischen Kurs wird die EU als politische Gestaltungsmacht an den Rand gedrängt.
Sicherheitskonferenz: Aus der EU kein Impuls für Frieden – dafür aus ChinaQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Kira Hofmann

Von Gert Ewen Ungar

Die Münchner Sicherheitskonferenz nimmt für sich in Anspruch, ein wichtiges internationales Diskussionsforum zu sein. Diesem Anspruch wurde sie in diesem Jahr nicht gerecht. Offizielle russische Vertreter waren mit der Begründung, man wolle der russischen Propaganda keine Bühne geben, nicht eingeladen. Die Begründung ist schal und steht im offenen Widerspruch zum selbst formulierten Anspruch. 

Eingeladen waren stattdessen der wegen Betrugs in Milliardenhöhe verurteilte russische Ex-Oligarch Michail Chodorkowski und für Weißrussland die gescheiterte Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja, die von sich behauptet die rechtmäßige Präsidentin Weißrusslands zu sein. Ihr droht im Heimatland ein Hochverratsprozess. Beiden Personen haben gemein, dass sie in dem Land, das sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz repräsentieren, völlig unbedeutend sind. Darüber hinaus weichen sie keinem Mikrofon aus und sprechen das hinein, was man im Westen gern hört: Es braucht einen Umsturz und der Westen soll dabei helfen. Auch das haben Tichanowskaja und Chodorkowski gemeinsam. Politische Relevanz haben sie jedoch nicht. 

Das wirkt sich natürlich auf die Bedeutung der Sicherheitskonferenz aus. Wenn man darauf verzichtet, hochrangige und relevante Vertreter einzuladen, weil man das, was diese vermutlich beitragen würden, gar nicht erst hören möchte, sich dann mit völlig irrelevanten Außenseitern abgibt, verliert man an Relevanz.

Aber nicht nur die Gästeauswahl spricht für einen Bedeutungsverlust der Konferenz. Auch die EU und Deutschland selbst arbeiten hart daran, an Relevanz zu verlieren, was ebenfalls Einfluss auf die Münchner Sicherheitskonferenz haben wird.

Das beharrliche Bestehen darauf, dass der eingeschlagene militärische Kurs der richtige ist, die Ukraine siegen muss und es keine Verhandlungslösung geben kann, wird absehbar zu einem Bedeutungsverlust der EU führen. 

Die Rede des hochrangigen diplomatischen Vertreters Chinas, Wang Yi, hat deutlich gemacht, dass Friedensinitiativen für die Ukraine und damit für Europa nicht von der EU oder gar Deutschland, sondern von China ausgehen werden. Zuvor hatte Brasiliens Präsident Lula bereits eine Friedensinitiative unter Ausschluss der Länder der EU angekündigt. 

Unter dem Aspekt diplomatischer Vermittlungsbemühungen kann man sowohl die EU als auch Deutschland als Totalausfall bezeichnen. Ausgerechnet von der Türkei bekommen EU und Deutschland vorgemacht, was Diplomatie bewirken kann.

Die Friedensgespräche gleich zu Beginn des Konflikts, die Ende Februar 2022 zunächst in Weißrussland stattfanden, führten dann im März in Istanbul zu greifbaren Ergebnissen. Diese wurden zwar vom Westen durchkreuzt, aber die Türkei konnte sich im Gegensatz zur EU als um Frieden bemühter Vermittler positionieren, während die EU ohne Sinn und Verstand Sanktionspaket an Sanktionspaket reiht und mit Waffenlieferungen den Konflikt eskaliert. Dass die EU nicht an Frieden auf dem europäischen Kontinent interessiert ist, wurde wieder einmal deutlich. 

Schließlich gelang es der Türkei durch Vermittlung und diplomatische Initiative das Getreideabkommen zu erreichen, während die deutsche Außenministerin jede eigene Initiative verweigerte, dabei aber gleichzeitig die völlig frei erfundene Geschichte verbreitete, Russland würde Hunger als Waffe einsetzen. Sie hielt diese faktenwidrige Geschichte auch dann noch aufrecht, als längst nachgewiesen war, dass Getreideexporte aus der Ukraine vor allem in die EU und nicht wie eigentlich beabsichtigt nach Afrika geleitet wurden. 

Dass die EU und Deutschland hinsichtlich jeglicher Friedensinitiative ein Totalausfall sind, machte auch Deutschlands Verteidigungsminister Pistorius deutlich. 

In einem Statement zur Münchner Sicherheitskonferenz sagte der Minister: “Verständnis ist auch ein Weg zu mehr Sicherheit”. Allerdings wurde genau dieser Anspruch durch die Auswahl der Teilnehmer konterkariert, denn ausgerechnet Russland, das für die europäische Sicherheitsarchitektur eine zentrale Rolle spielt, wurde nicht eingeladen.

In seinem Vortrag machte Pistorius dann deutlich, dass auch er nichts von Diplomatie hält und auf weitere militärische Eskalation setzt. “Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen”, sagt er in seinem Redebeitrag. Gleichzeitig stellt er fest, dass das Sanktionsregime der EU gescheitert ist. Weder Diplomatie noch die Sanktionen haben zu einem Kurswechsel geführt, also sei Gewalt die richtige Antwort.

Auf welche diplomatischen Initiativen sich Pistorius bezieht, bleibt sein Geheimnis, denn offiziell kamen diese weder vonseiten der EU noch vonseiten Deutschlands. Die Sanktionen, die unter anderem das Ziel hatten, Russland finanziell auszutrocknen und dem Land damit die Möglichkeit nehmen sollten, den Krieg weiterzuführen, sind absolut gescheitert – sie waren schon immer einem traumtänzerischen Verständnis von Wirtschaft, insbesondere der russischen Wirtschaft geschuldet.

Russland benötigt für die Herstellung von Waffen und Munition keine ausländischen Devisen und vermutlich auch kaum im Ausland hergestellte Vorprodukte. Im Gegenteil: Während russische Artillerie ukrainisches Militär in seinen Stellungen unter Dauerfeuer nimmt, bekommt die Ukraine von ihren westlichen Partnern geraten, sparsamer mit Munition umzugehen. Die westlichen Munitionsdepots sind leer, Munition ist obendrein teuer und die Produktionskapazitäten lassen sich nicht von heute auf morgen erweitern. Hier zeichnet sich eine Niederlage ab. Doch statt dem Rechnung zu tragen, setzt der deutsche Verteidigungsminister auf Eskalation. 

Und dann ist da natürlich noch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die sich von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen, von Peinlichkeit zu Peinlichkeit hangelt und die sich nebenbei als Märchenerzählerin betätigt. Sie erzählt eine vollkommen unterkomplexe, undifferenzierte Geschichte mit emotionalisierenden Einsprengseln. Die Ukraine gut, Russland böse und russische Soldaten ermorden Babys – das ist das Niveau, auf dem sich deutsche Außenpolitik bewegt. Diese intellektuelle Schlichtheit ist nicht nur peinlich, sondern eine Schande. Die deutsche Chefdiplomatin versteht von Diplomatie nichts.

Das politische Deutschland hat mit seinen Auftritten in München gezeigt, dass es zur Konfliktlösung nichts beizutragen hat. Auch Baerbocks Forderung, Russland müsse einfach nur sein Militär zurückziehen, dann wäre der Krieg vorbei und der Frieden in Europa wieder hergestellt, zeigen, dass man auf höchster politischer Ebene in Deutschland, die Komplexität der Entwicklung, die zum Krieg geführt hat, nicht versteht und offenbar auch nicht verstehen will. 

Wenn auf der Münchner Sicherheitskonferenz etwas deutlich geworden ist, dann, dass von der EU und Deutschland keine Initiativen für Frieden auf dem europäischen Kontinent zu erwarten sind. Diese werden von außen kommen, und sie werden darauf drängen, dass sich auch die EU und die Länder der EU wieder an das internationale Recht halten.

Wang hat all jene Instrumente als Bruch mit internationalen Regeln benannt, welche die Länder der EU für sich als selbstverständliche Gestaltungsmittel der Außenpolitik in Anspruch nehmen: Einmischung in die inneren Angelegenheiten und Förderung von Opposition und Demokratie-Export. Sie stehen – wie in vielen anderen Konflikten auch – am Beginn des Ukraine-Konflikts. In Deutschland leugnet man diese offenkundigen Zusammenhänge.

Es werden die Länder des Südens sein, die den Frieden in Europa wieder herstellen. China, Türkei, Indien und Brasilien werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Die EU aber, das wird auf der Sicherheitskonferenz deutlich, spielt dabei keine Rolle. Und die Sicherheitskonferenz wird mit ihrer einseitigen, bizarr anmutenden Gästeauswahl, mit der die notwendige Kontroverse vermieden wird, für den internationalen politischen Diskurs überflüssig und von Veranstaltungen ersetzt, die sich nicht scheuen, offene Diskussionen zuzulassen. 

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