Nordamerika

Soleimani-Ermordung: US-Geheimdienste warnen vor Racheanschlag Irans auf Trump – Ist das möglich?

Vor zwei Jahren ermordete das US-Militär auf Befehl des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump den hochrangigen iranischen General Qassem Soleimani. Iran schwor daraufhin Rache. Ein nun geleakter US-Geheimdienstbericht zeigt: Die Behörden sind alarmiert. Die Geheimdienste rechnen mit einem möglichen Anschlag auf ein aktuelles oder früheres Regierungsmitglied der USA.
Soleimani-Ermordung: US-Geheimdienste warnen vor Racheanschlag Irans auf Trump – Ist das möglich?Quelle: www.globallookpress.com © Ting Shen

Eine Analyse von Désirée Lambert 

Die US-Geheimdienste haben vor einem Racheakt Irans gegen US-Beamte gewarnt, die in die Ermordung von Generalmajor Qassem Soleimani vor zwei Jahren involviert waren. Wie das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Yahoo News unter Berufung auf eine Geheimdienstanalyse berichtet, könnte Iran einen Anschlag auf ein aktuelles oder früheres Regierungsmitglied der USA planen.

Der Bericht wurde demnach im Vorfeld der Nahost-Reise von Präsident Joe Biden in der vergangenen Woche erstellt und beruht auf einer Analyse von Erklärungen sowie etwaiger anderer Handlungen der iranischen Regierung der letzten Monate. Auch bereits vereitelte Attentatspläne auf bestimmte US-Beamte werden in dem Report behandelt.

"Das iranische Regime führt eine mehrgleisige Kampagne – einschließlich der Androhung tödlicher Maßnahmen, internationaler juristischer Manöver und der Ausstellung iranischer Haftbefehle und Sanktionen – gegen ausgewählte US-Beamte, um den Tod von IRGC-QF-Kommandeur Soleimani im Januar 2020 zu rächen und die Bedrohung im In- und Ausland für diejenigen zu erhöhen, die Iran für die Tötung verantwortlich macht", heißt es in der Analyse.

Die Quds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarde (IRGC-QF) ist eine Elitetruppe, die speziell für Auslandseinsätze eingesetzt wird. Gemeinsam mit der regulären Armee bildet die Iranische Revolutionsgarde die Streitkräfte Irans. Der Yahoo News vorliegende Geheimdienstbericht geht demnach auf eine Analyse des National Counterterrorism Center, einer US-Behörde zur Bekämpfung von gegen US-Interessen gerichteten "Terrorismus", zurück und ist nach Angaben des Nachrichtenmagazins mit den Vermerken "Nicht zur Veröffentlichung" und "Nur für den Dienstgebrauch" versehen. Welches Interesse der Whistleblower mit dem Leak verfolgt, bleibt indes unklar. 

Allerdings lassen die in dem Bericht als "Angriffsziele" namentlich benannten ehemaligen US-Spitzenbeamte erahnen, dass der Whistleblower die US-Bevölkerung vermutlich für ein bestimmtes Thema sensibilisieren wollte, dem bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl es den USA auf Dauer gefährlich werden könnte. So heißt es in dem Geheimdienstbulletin weiter:

"Seit Januar 2021 hat Teheran öffentlich die Absicht geäußert, tödliche Operationen innerhalb der Vereinigten Staaten auszuführen, und hat dabei den früheren Präsidenten Donald Trump, den früheren Außenminister Michael Pompeo und den früheren Befehlshaber der Streitkräfte, General Kenneth McKenzie, als vorrangige Ziele für Vergeltungsmaßnahmen genannt."

Irans Ex-Präsident Hassan Rohani drohte seinerzeit dem ehemaligen US-Präsidenten seit dessen Anordnung zur Ermordung des iranischen Top-Generals Soleimani immer wieder mit dem Tod und sinnt auf Rache. Die Verfasser der Analyse kommen deshalb zu dem Schluss, dass Iran "die Tötung oder strafrechtliche Verfolgung eines US-Beamten, den er in Rang und Ansehen mit Soleimani gleichstellt oder der für seinen Tod verantwortlich ist, wahrscheinlich als erfolgreiche Vergeltungsmaßnahme betrachten" würde.

Wirklich ernst genommen wurden die Drohungen in der Vergangenheit bisher jedoch nicht, da es für nahezu unmöglich galt, dass Iran in der Lage sei, ein potenzielles Ziel in den USA zu erreichen. Mit der zuerst vermuteten und sich jetzt als Tatsache herausstellenden Stationierung und Produktion iranischer Drohnen in dem mit Iran verbündeten Land Venezuela hat sich dies jedoch geändert. 

Iran stationiert Drohnen in Venezuela 

Zu Beginn des Jahres behauptete die israelische Aufsichtsbehörde Alma Center in einem Bericht, dass Iran mit der Entsendung von Drohnen und deren Produktion in Venezuela begonnen habe. Dem Sicherheitsreport nach seien im Laufe des letzten Jahres bereits erste unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) innerhalb Venezuelas Grenzen in Reichweite der 2.000 Kilometer entfernten US-Stadt Miami stationiert worden. 

Bei den von Iran zur Verfügung gestellten Drohnen in Venezuela soll es sich demnach um "Tausende von unbemannten Systemen" handeln, "die dazu bestimmt sind, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und Boden- oder Luftziele anzugreifen, indem sie entweder Raketen und Bomben abwerfen oder einen Selbstmord- oder Sprengstoffangriff durchführen". Darüber hinaus beschuldigte Israel Iran im Februar laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zudem, Drohnen, die an Venezuela geliefert werden, mit Präzisionsmunition zu bewaffnen. 

Deshalb warnte der Leiter des Forschungszentrums des Alma Centers, Major a. D. Tal Beeri, im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin JNS bereits im Frühjahr, dass der Bericht über das Eintreffen sogenannter UAVs iranischer Herkunft in der westlichen Hemisphäre ein Thema beleuchte, dem bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde:

"Letztlich haben die Iraner Venezuela als potenzielle Basis für künftige Aktivitäten gegen die USA ausgemacht. Selbst wenn sie nicht von dort aus agieren, ist die bloße Anwesenheit in Venezuela in der iranischen Strategie eine Bedrohung für die USA. Die Islamische Republik scheint zu glauben, dass eine solche Präsenz zur Abschreckung Washingtons beiträgt und dazu führt, dass die USA 'zweimal nachdenken', bevor sie militärisch gegen Iran vorgehen."

In den vergangenen Jahren hat Iran mehrere unbemannte Luftfahrzeuge mit einer Reichweite von etwa 2.000 Kilometern vorgestellt, die von Venezuela aus problemlos den US-Staat Florida erreichen können. Laut Beeri könne man davon ausgehen, dass das Korps der Iranischen Revolutionsgarde Personal in Venezuela unterhalte, bei dem es sich um militärische oder technische Berater handeln könnte. Weiter sagte er damals:

"Wir wissen, dass in Venezuela Produktionsstätten für die Fertigung von iranischen 'Mohajer 6'-Drohnen eingerichtet wurden, angeblich für den inländischen Gebrauch."

Der Bericht des Alma Centers behandelt 48 iranische UAV-Modelle, die bereits in Betrieb und teils noch in der Planungs- und Erprobungsphase sind. Demnach würde Iran nicht nur auf seinem "Territorium ein wachsendes Arsenal fortschrittlicher unbemannter Luftfahrzeuge (UAV) aufbauen", sondern auch seine "verschiedenen Verbündeten in zunehmendem Maße mit solchen Fähigkeiten" ausstatten.

Neueste Berichte geben der vom Alma Center zu Anfang des Jahres aufgestellten Behauptung allerdings recht. Bei einer im TV ausgestrahlten Militärparade anlässlich des Unabhängigkeitstages am 5. Juli präsentierte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro neben mehr als 20.000 Soldaten, Artillerie- und Panzereinheiten erstmals auch Drohnen des Typs ANSU-100 und ANSU-200.

Bei den Drohnen vom Typ Antonio José de Sucre-100 (ANSU-100) handelt es sich im Wesentlichen um eine modernisierte sowie bewaffnete Version der von Iran entwickelten Drohne des Typs Mohajer-2, die von der nationalen Luftfahrtgesellschaft Venezuelas (EANSA) mit iranischer Unterstützung weiterentwickelt wurde. Die Drohne mit Anti-Panzer- und Anti-Personen-Fähigkeiten kann zur Beobachtung, Aufklärung als auch zum Angriff eingesetzt werden. 

Daneben stellte Venezuela die ANSU-200 vor, ein UAV mit Nurflügeln, das sich allerdings noch in der Entwicklung befindet. Die ANSU-200 scheint auf den iranischen Drohnen des Typs Schahed 171 Simorgh zu basieren, die das Land auf Grundlage einer US-amerikanischen Spionagedrohne vom Typ RQ-170 entwickelte, die er 2011 abgeschossen hat. Abgesehen davon, dass das unbemannte Luftfahrzeug über Stealth-Eigenschaften verfügt und eine lange Flugreichweite hat, ist über die Drohne wenig bekannt. 

Auch das auf Twitter geteilte Filmmaterial liefert keine genaueren Informationen über die Drohne. Allerdings deutete der Kommentator der Militärparade in dem Video an, dass die Drohne wohl über die Fähigkeit verfügt, die gegnerische Luftabwehr zu umgehen.

Venezuela hatte 2012 erklärt, dass Iran das Land beim Bau von Drohnen zur Selbstverteidigung unterstütze. Eine Behauptung, die Iran bis heute bestreitet. Die beiden Länder, die seit Langem mit Washington im Streit liegen, arbeiten auch bei Ölexporten zusammen. 

Schwächung der US-Flugabwehr 

Die Tatsache, dass Iran in Venezuela UAVs stationiert hat, die dazu in der Lage sind, Ziele im US-Bundesstaat Florida zu erreichen, gefährdet zunehmend die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten. Ein Umstand, der selbst die US-Sicherheitsbehörden zunehmend beunruhigt. Laut dem Yahoo-Bericht sind die US-Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden besorgt, dass Iran seine zuvor allzu oft "propagandierte Racheankündigung" für die Ermordung von Soleimani nun tatsächlich in die Tat umsetzten könnte – und zwar auf amerikanischem Boden. 

So wird in diesem Zusammenhang eine zu Beginn des Jahres auf der offiziellen Webseite des Obersten Geistlichen Führers Irans, Ali Chamenei, veröffentlichte Videoanimation zu einer ernst zu nehmenden Drohung für die Luftsicherheit der Vereinigten Staaten. Das Video zeigt einen Drohnenangriff auf den gerade auf seinem Domizil in Mar-a-Lago (Florida) Golf spielenden ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Doch wäre Iran überhaupt dazu in der Lage, die amerikanische Luftabwehr zu überwinden? Eine Ende Januar veröffentlichte Pressemitteilung des US-Justizministeriums deutet zumindest darauf hin, dass Iran gezielt daran arbeitet.

Aus der Meldung geht hervor, dass sich ein aus Großbritannien stammender Mann vor einem Bundesgericht in Washington, D.C. des Versuchs schuldig bekannt hat, aus den Vereinigten Staaten heraus ein US-amerikanisches Mikrowellen- und ein Drohnenabwehrsystem nach Iran zu exportieren, ohne zuvor die erforderliche Genehmigung des für Sanktionen zuständigen Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums einzuholen. Weshalb war Iran an sich derzeit bereits im Einsatz befindenden amerikanischen Flugabwehrsystemen gegen Drohnen interessiert? 

Bei ihrer Luftabwehr setzten die USA zunehmend auf ein bereits 2019 vorgestelltes Luftabwehrsystem, das mithilfe von Mikrowellen in der Lage ist, Drohnen außer Gefecht zu setzen. Der Tactical High Power Microwave Operational Responder, kurz "THOR", sendet die Wellen nach Angaben der US-Luftwaffe trichterförmig in die Luft, um gar ganze Drohnenschwärme aufzuhalten. Die Waffe ist demnach Teil des Programms für eine Indirect Fires Protection Capability (IFPC), die Fähigkeit zum Schutz vor indirektem Beschuss, die auch Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Artilleriegeschosse, Raketen und Marschflugkörper umfasst. Doch kein System ist unbesiegbar.  

Um solche Abwehrmaßnahmen zu umgehen, müsste Iran lediglich die technischen Pläne des Thor-Systems besitzen. Auch wenn der aus Großbritannien stammende Spion enttarnt werden konnte, ist indes nicht auszuschließen, dass dessen Kollegen bei ihren Missionen erfolgreicher waren. Sollte es Iran gelingen, die amerikanische Flugabwehr durch Insiderwissen auszuschalten, könnte er seine Drohungen gegen Trump von Venezuela aus somit wahr machen, was gleichzeitig mit verheerenden Folgen für die dort lebende Zivilbevölkerung einhergehen würde. 

Eine Sorge, die nun wohl auch bei den US-Geheimdiensten umgeht, erklärte der Sicherheitsexperte Behnam Ben Taleblu von der Foundation for Defense of Democracies, eines US-amerikanischen Thinktanks, der sich mit der nationalen Sicherheit beschäftigt, zu den Beweggründen des Whistleblowers gegenüber Yahoo News

"Der Schlag der USA gegen eine Figur wie Soleimani bleibt eine nicht verheilte Wunde für den weltweit führenden staatlichen Sponsor des Terrorismus, wobei Teheran versucht, Blut mit Blut wegzuwaschen. Die Tatsache, dass einige US-Beamte wegen der Drohungen und Operationen der Islamischen Republik rund um die Uhr bewacht werden müssen, sollte ein Weckruf für diejenigen sein, die Teheran nur als potenzielles Verbreitungsproblem oder als entfernte Bedrohung im Nahen Osten sehen."

General Soleimani befand sich auf diplomatischer Mission auf irakischem Territorium, als er von einer US-Drohne nahe dem Flughafen in Bagdad ermordet wurde. Er überbrachte eine Antwort der Islamischen Republik auf eine geheime Initiative Saudi-Arabiens an die irakische Seite, die darauf abzielte, die Spannungen in der Region abzubauen. Als Vergeltung für die Ermordung Soleimanis Anfang des Jahres 2020 beschoss Iran die US-Militärbasis Ain al-Assad im Irak mit ballistischen Raketen. Trotz dieses Luftschlags auf die US-Militärbasis schwor Iran seither mehrfach Rache für die Ermordung.

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