Russland

Roskosmos-Chef will von Deutschland stillgelegtes Röntgenteleskop eROSITA wieder aktivieren

Wegen des Ukraine-Konflikts stoppte auf offizielle Anweisung Deutschland als Partner der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos den Betrieb eines einzigartigen Röntgenteleskops. Jetzt will Russland, auf dessen Plattform sich das Gerät befindet, diese Komponente allein wieder in Betrieb nehmen. Beteiligte russische Wissenschaftler warnen, eine solche Inbetriebnahme könne schwierig werden.
Roskosmos-Chef will von Deutschland stillgelegtes Röntgenteleskop eROSITA wieder aktivierenQuelle: Sputnik © Ramil Sitdikov

Der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos Dmitri Rogosin hat in seinem Telegram-Kanal angekündigt, das deutsche Weltraumteleskop eROSITA wieder in Betrieb nehmen zu wollen. Das Teleskop ist eine Komponente auf dem gemeinsamen russisch-deutschen Projekt einer Weltraumplattform Spektr-RG (Spektrum Röntgen/Gamma) für die Röntgen- und Gammastrahlen-Astronomie. Für dieses Weltraumobservatorium wurde vom deutschen Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik gemeinsam mit dem DLR das Instrument eROSITA gebaut und bisher auch von deutscher Seite betreut. Nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine hatten sich die Deutschen auf Anweisung bereits am 25. Februar vom Bundesforschungsministerium einseitig am 3. März aus allen, auch aus diesem Projekt zurückgezogen und das Teleskop eROSITA auf der russischen Plattform Spektr-RG einseitig in einen inaktiven Ruhemodus kommandiert. Nun wollen die Russen – gleichfalls einseitig – den Betrieb auch dieses deutschen Geräts auf ihrer nach wie vor in Betrieb befindlichen Plattform wieder aufnehmen.

"Ich habe die Anweisung gegeben, mit den Vorbereitungen zur Wiederinbetriebnahme des deutschen eROSITA-Teleskops im Weltraumobservatorium Spektr-RG zu beginnen, das mit dem russischen Teleskop gekoppelt ist", meldete Rogosin über seinen Telegram-Account.

Dem Roskosmos-Chef zufolge sei die Wiederinbetriebnahme des Teleskops im wissenschaftlichen Interesse höchst wünschenswert. Gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax erläuterte er weiter, dass die Behörde damit diesen einseitigen "Fehler der Deutschen" mit der russischen Spezialoperation in der Ukraine als vorgeschobener Begründung korrigiere. In einem Interview mit dem Fernsehsender Rossija-24 zeigte sich Rogosin sichtlich verärgert über die einseitige Beendigung der Zusammenarbeit durch die deutschen Kollegen:

"Diejenigen, die diese Entscheidung getroffen haben, haben heute nicht das moralische Recht, diese Forschung zum Wohle der Menschheit zu stoppen, nur weil ihre profaschistische Gesinnung unseren Feinden nahesteht."

Am 3. Juni erklärte hingegen der Wissenschaftliche Leiter des Projekts, der renommierte sowjetisch-russische Astrophysiker Raschid Sjunjajew, der als Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften zugleich auch einer der Direktoren am deutschen Max-Planck-Institut für Astrophysik ist, gegenüber Interfax, dass die Wiederinbetriebnahme des deutschen eROSITA-Teleskops nur in Abstimmung mit der deutschen Seite möglich sei. Unkoordinierte Maßnahmen könnten zu einem Ausfall dieses Geräts führen.

Das Weltraumobservatorium "Spektr-RG" war im Auftrag der Russischen Akademie der Wissenschaften mit deutscher Beteiligung gebaut worden und am 13. Juli 2019 vom Kosmodrom Baikonur aus als Sonde mit einer Proton-M Rakete gestartet worden. Diese Plattform erreichte am 21. Oktober 2019 ihren endgültigen Einsatzort am Lagrange-Punkt L2. Von dieser Bahn auf einem synchron und "parallel" außerhalb der Erdbahn in etwa 1,5 Millionen Kilometern Entfernung verlaufenden Orbit um die Sonne können die beiden Teleskope eROSITA und ART-XC auf der Plattform Spektr-RG – von der Sonne und der Erde abgewandt – am ungestörtesten das Universum durchmustern. Vor fast genau zwei Jahren – Mitte Juni 2020 – vollendeten die Instrumente auf Spektr-RG ihren ersten vollständigen Scan des Universums im Röntgenspektrum.

Das Hauptziel der Weltraummission ist die wesentlich detailliertere Abbildung und Vermessung von Röntgenquellen, als sie mit bisherigen Teleskopen möglich war. So soll die Leistungsfähigkeit 20-mal höher sein als etwa die des ersten deutschen Röntgenteleskops ROSAT vom DLR, das von 1990 bis 1999 betrieben werden konnte. Man erwartet die Entdeckung von Hunderttausend Galaxienhaufen und von vielleicht drei Millionen supermassereichen Schwarzen Löchern und auch neue Daten für Erkenntnisse über die bislang nur vermutete Dunkle Energie und Dunkle Materie und damit über eine mögliche Expansion des Universums. "Spektr-RG" ist mit einem russischen Satellitenbus Navigator als Basisplattform ausgestattet, auf dem die zwei Röntgenteleskope ART-XC (Russland, für harte Röntgenstrahlung 6 bis 30 keV) und eROSITA (Deutschland, für weiche Röntgenstrahlung 0,3 bis 11 keV) montiert sind, die beide – in Ermangelung funktionierender brechender Optiken für diesen Spektralbereich – nach dem Prinzip der sogenannten reflektierenden Röntgenoptik durch streifenden Einfallswinkel nach Hans Wolter arbeiten. Dabei empfangen beide Teleskope Strahlen im Röntgen- und Gammastrahlenbereich von den entferntesten Objekten im Weltraum. Auf diese Weise können die Teleskope auch unbekannte Objekte "sehen", die im optischen Spektralbereich niemals sichtbar sind.

Mehr zum Thema - Wegen Russland-Sanktionen: Roskosmos kündigt Ende der Internationalen Raumstation ISS an

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.