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Schwere Kämpfe im Gebiet Charkow: Ukraine ergreift Initiative, russisches Speznaz hält Balakleja

Während die ukrainische Gegenoffensive im Süden derzeit zum Stillstand gekommen ist, werden die Kämpfe im Gebiet Charkow im Osten intensiver. Ukrainische Streitkräfte versuchen, die strategisch wichtige Stadt Balakleja einzunehmen und Nachschubwege des russischen Militärs abzuschneiden.
Schwere Kämpfe im Gebiet Charkow: Ukraine ergreift Initiative, russisches Speznaz hält BalaklejaQuelle: AFP © MIGUEL MEDINA

Russische Militärbeobachter sind sich einig: Ukrainische Streitkräfte haben in den letzten Tagen eine zweite Offensive im Osten des Landes entwickelt. Derzeit geht es um den kleineren Frontabschnitt Schewtschenkowo-Balakleja-Isjum im Süd-Osten des Gebiets Charkow. Die ukrainischen Streitkräfte haben versucht, die russische Garnison in der strategisch wichtigen Stadt Balakleja zu blockieren, indem sie Orte südlich und nordwestlich der Stadt unter ihre Kontrolle bringen.

So teilten ukrainische Quellen mit, dass es gelang, das russische Militär aus den Orten Nowaja Gussarowka und Bairak im Süden zu vertreiben. Als Beweis wurde ein Video gepostet, das zeigt, wie ukrainische Soldaten in Nowaja Gussarowka die rote Siegesfahne schimpfend niederreißen. Über die Einnahme von Bairak berichtete mittags ein ukrainischer militärischer Telegram-Kanal. Im Norden von Balakleja sei das Dorf Werbowka eingenommen worden. 

Wenn diese Informationen stimmen, dann droht der russischen Garnison in Balakleja die Einkreisung. Im Moment hält sie die Stellungen, die Nahkämpfe finden am Stadtrand statt. Die Chefredakteurin der russischen RT-Redaktion, Julija Martowalijewa teilte mit Verweis auf ihre Quellen in den bei Isjum operierenden russischen Einheiten auf ihrem Telegram-Kanal mit: 

"Derzeit ist Balakleja weiterhin operativ eingekesselt und liegt im Feuerbereich der ukrainischen Artillerie, wobei die Zufahrtsstraßen in unterschiedlichem Maße vom Feind beschossen werden." 

Diese Information ist derzeit am zuverlässigsten. Weitere Kämpfe finden um die Orte Wolochow Jar und Schewtschenkowo statt, jeweils circa 20 bzw. 40 Kilometer nordöstlich von Balakleja. Laut Martowalijewa entwickele die ukrainische Armee in der Nähe von Schewtschenkowo eine Panzeroffensive. Außerdem geriet das 20 Kilometer weiter nordwestlich befindliche Tschkalowskoje gestern unter die operative Kontrolle der ukrainischen Streitkräfte. Martowalijewa fasst zusammen:

"Die Kämpfe sind sehr heftig. Ukrainische Streitkräfte liegen bei einigen Positionen im Vorteil."

Russische Militärbeobachter, Korrespondenten und sonstige Kenner der operativen Lage in der Region äußern ihre Besorgnis angesichts der Aktivitäten der ukrainischen Armee und weisen darauf hin, dass seit mindestens drei Wochen bekannt war, dass die Ukrainer frische Kräfte und Nachschub in unmittelbarer Nähe von Balakleja sammelten. Laut dem Militärkorrespondenten Alexander Kots war die verlustreiche Offensive im Gebiet Cherson ein Ablenkungsmanöver, um den Gegner bei Charkow zu überraschen. Im Unterschied zur südlichen Steppe bei Cherson biete bewaldetes Gebiet im Osten für die angreifende Seite viel mehr Schutz.  

Die ukrainischen Ziele liegen dabei auf der Hand: die wichtige Nachschubstraße Kupjansk-Isjum unter Feuerkontrolle zu nehmen und im Erfolgsfall die russische Isjum-Gruppierung einzukreisen. Die Zahl der an der Offensive teilnehmenden Soldaten werde auf 9.000 geschätzt, auf dem Bogen Nikolajew-Kriwoj Rog (Cherson-Front) waren es 15.000. Auch auf den am 8. September in Ramstein stattfindenden Gipfel zur Waffenlieferung an die Ukraine wird hingewiesen. Die Ukraine wolle sich um jeden Preis weitere militärische Unterstützung aus dem Westen sichern. 

Ob es den russischen Streitkräften gelingen wird, am Vorstoß festzuhalten, ist im Moment ungewiss. Solange die Unterstützung der Artillerie nicht angekommen ist, kommt es auf das Geschick und Stehvermögen der jeweils kämpfenden Einheiten an. Ein Spezialkommando der Rosgwardija aus Baschkirien und der Region Samara kämpfe in Wolochow Jar heldenhaft, so Kots. Auch gibt es unbestätigte Informationen, dass Russland in der Nähe von Balakleja zerstörerische thermobarische Mehrfachraketenwerfer des Typs "Solnzepjok" aktiviert habe. 

Grundsätzlich fehle es Kiew aber an Luftwaffen, Reserven und an der Qualität der Truppenführung, um seine möglichen lokalen Erfolge zu konsolidieren, schätzt der russische Militärbeobachter Jewgenij Poddubny, der seit Beginn der russischen Militäroperation am 24. Februar unmittelbar von der Front berichtet.  

Auf den anderen Schlachtfeldern dieses Krieges meldeten seine Kollegen am Mittwoch kleinere Vorstöße für die russische Armee und ihre Verbündeten. "Der Vorstoß auf Konstantinowka setzt sich fort", schreibt Alexander Sladkow aus der Donezker Volksrepublik. "Die Angriffsgruppen bewegen sich nun strahlenweise von Donezk aus und erweitern die Kontrollzone um die DVR-Hauptstadt". 

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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.