Meinung

Neues Greenpeace-Meldeportal: "MeldeheldIn" oder schlichtes Denunziantentum

Seit Anfang Januar 2023 muss die Gastronomie neben Plastik-Wegwerf-Verpackungen verpflichtend auch Mehrweg-Lösungen als Alternative anbieten. Laut Greenpeace-Vorstellungen bietet das die perfekte Kontrollaufgabe für Mitbürger mit einem politisch korrekten kritischen Blick.
Neues Greenpeace-Meldeportal: "MeldeheldIn" oder schlichtes DenunziantentumQuelle: Gettyimages.ru © halbergman

Von Bernhard Loyen

Manch ein Leser wird sich spontan fragen, ob es derzeit keine wichtigeren gesellschaftlichen Fragen und daraus resultierende "innovative" Vorgaben gibt. Die Realität vieler Restaurants, Bistros und Cafés im Land stellt sie zum Beispiel täglich vor die Frage, ob und wie lange die Existenz des entsprechenden Etablissements in Zeiten der Inflation und des regierungsforcierten Energiepreis-Wahnsinns noch wirtschaftlich zu realisieren ist.

Ein möglicher Ausweg wäre dabei eventuell noch eine mögliche Kostenreduzierung, etwa durch Fortführung einer günstigeren Variante des "To-go"-Verpackungsmaterials – ob für die spärliche Laufkundschaft oder für den inzwischen endverbraucherrelevanten Lieferdienst der Marke XYZ. Bequemlichkeit ist und bleibt weiterhin der mentale "King", denn die "besonderen Helden", meist jüngeren Jahrgangs, bleiben lieber immer noch zuhause. Ganz nebenbei will man dem ausgebeuteten Niedriglohnsektor-Mitarbeiter und Neubürger aus ferner Welt mit diesem Argument wohl naiv, aber ernst gemeint eine Chance und die solidarische Unterstützung zum heißersehnten Eintritt in die bundesrepublikanische Überlebenswelt bieten.

Das sieht jedoch die Umweltorganisation Greenpeace in Bezug auf die Gastronomie ganz anders. Je nach Blickwinkel innovativ oder anmaßend gemeint, hieß es jüngst auf dem Twitter-Kanal der ambitionierten Gutmenschen (Original-Schreibweise) zu diesem Thema:

"Willst du auch eine:e MeldeheldIn sein? Dann schau jetzt bei unserem neuen Tool vorbei."

Die grafische Darstellung irritiert dabei mit einer erschreckend anspruchslosen Umsetzung. Die direkte Aufforderung knüpft jedoch nahtlos an die denunziatorischen Tendenzen in unserer Gesellschaft während der zurückliegenden drei Jahre. Von der umgehenden Meldung an das Ordnungsamt über unverantwortliche "Gruppenbildung" über den "illegalen Kindergeburtstag" in der Wohnung des Nachbarn oder dessen Garten bis hin zur Anzeige auffälliger Mitbürger wegen eines unerlaubten Abendspaziergangs – trotz Ausgangssperre.

Der Deutschlandfunk, treuer und zuverlässiger Medien-Unterstützer aller Regierungsvorgaben in der Corona-Krise, informierte am 4. April seine gut konditionierte Leser- und Hörerschaft daher so:

"Greenpeace startet Meldeportal zur Kontrolle der gesetzlichen Pflicht von Mehrwegverpackungen in Restaurants, Bistros und Cafés."

Heureka, wird manch ein Bürger dabei aufgeschrien haben. Nach ungeimpften Kollegen und Kolleginnen, Maskenmuffeln und fehlenden Plexiglas-Scheiben im Kassenbereich verantwortungsloser Ladenbetreiber gibt es endlich wieder etwas zu entdecken UND zu melden. Der ehemals kritische und wachsame, nunmehr wohl vollkommen abgetauchte Kabarettist Volker Pispers wusste das in besseren Zeiten noch so zusammenzufassen: "Wenn der Feind bekannt ist, hat der Tag Struktur." Nicht umsonst heißt es immer schon Greenpeace-konform: Holzauge sei wachsam, zur Not auch mit Kontaktlinsen, die sogar Kunststoff enthalten dürfen.

Der Greenpeace -Artikel weiß daher geschickt potentielle Mitstreiter argumentativ zu locken:

"Mehrweg-Angebot ist Pflicht – doch gut die Hälfte, nämlich 52 Prozent von 687 stichprobenartig getesteten Gastro-Betrieben, hält sich nicht an die seit Jahresbeginn geltende Pflicht: Sie bieten keine Mehrwegverpackungen als Alternative zu Plastik-Einweg für das Mitnehmen von Speisen oder Getränken an."

Was interessieren mich "Grün-Wähler" und Abonnent des Greenpeace-Magazins schon die Abermillionen plasteummantelten Testkits, FFP2-Masken und Plexiglas-Massenabfälle der vergangenen Corona-Jahre, wenn ich gleich an der nächsten Straßenecke mein "Gewissen" wieder über "das Single Use-Meldeportal" von Greenpeace porentief bis in Herz und Seele bereinigen kann. Das Meldeportal mahnt und beschwört auf der schlicht und effektiv gehaltenen Webseite:

"Werden Sie Meldeheld:in - Leider halten sich bisher zu wenige Geschäfte daran.* Machen Sie mit uns Druck, indem Sie Verstöße an die Landesbehörde melden."

Warum das Sternchen? Greenpeace klärt – ganz vorbildlich – auch darüber auf, damit es auch gar nicht zu denunziatorischen Irritationen und Missverständnissen kommt, womöglich gar zu einer Rassismus-Unterstellung: "Die Regeln gelten für alle Geschäfte mit mehr als 80 m2 Verkaufsfläche oder mehr als 5 Beschäftigten". Nach Greenpeace-Recherchen vom Januar 2023 "bieten nur 48 Prozent der untersuchten Betriebe Mehrweg an, nur 24 Prozent erfüllen das Gesetz vollumfassend". Das ist natürlich ein Skandal sondergleichen für Zeigefinger-Kandidaten, auch wenn Menschen mit ganz realen Alltagssorgen wohl denken werden: "Was soll's?"

Es folgen drei Kommentare von Twitter-Usern, stellvertretend für viele ungläubige Leser dieser Aufforderung zum Denunzieren:

  • Denunziationsportale sind einfach mies & das Allerletzte!
  • Früher wart ihr Helden, habt verhindert, dass die Brent Spar versenkt wurde, habt euch mit Geheimdiensten angelegt. Und jetzt ist Denunzierung euer Mittel der Wahl im Klimakampf? Ernsthaft jetzt? Was ist aus euch geworden?
  • Förderung des Denunziantentums? Nicht gut für die Gesellschaft.

Man kann daher erneut nur feststellen oder bestätigen: wir leben weiterhin in bizarren Zeiten, mit mehr als eindeutigen und sehr bedenklichen Tendenzen eines zusehends gestörten Mit- und Nebeneinanders der Menschen im Land.

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