Meinung

Wenn ein Kalter Krieger heißläuft – Claus Kleber redet von Krieg mit Russland

Claus Kleber schockt seine Zuschauer im ZDF-heute-Journal vom Donnerstag mit einer Falschmeldung über Kampfhandlungen der NATO mit Russland. Zweck der Aktion: moralisches Framing für höhere deutsche Rüstungsausgaben. Klingt irre? Ist es auch.
Wenn ein Kalter Krieger heißläuft – Claus Kleber redet von Krieg mit Russland© Screenshot: zdf.de

von Andreas Richter

Claus Kleber, seit über 15 Jahren Moderator des ZDF-heute-Journals und als solcher einer der bestbezahlten Journalisten des Landes, begann seine Sendung am Donnerstagabend mit einer mehr als bemerkenswerten Einleitung. Mit ernster Miene verkündete er den Beginn eines Krieges der NATO mit Russland:

Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute Nacht amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort wie vor einigen Jahren auf der Krim festgesetzt haben.

Der Fortgang der Moderation brachte die Auflösung. Doch kein Krieg. Aber: Das Beschriebene sei eine "realistische Vision":

Keine Sorge. Das ist nicht so. Das ist nur eine Vision. Aber eine realistische. So etwa müsste nämlich im Ernstfall die Antwort der NATO aussehen auf einen Angriff auf das Territorium eines ihrer Mitgliedsstaaten. Und sei er so klein wie Estland. Wenn das in Frage gestellt scheint, würde die Abschreckung brüchig, die seit 70 Jahren den Frieden in Europa sichert. Das Problem ist heute, dass der Bestand des Bündnisses zu seinem 70. Geburtstag brüchiger erscheint als jemals in seiner Geschichte. Einer bisher beispiellos erfolgreichen Geschichte.

Der folgende Filmbeitrag und das Korrespondentengespräch mit dem NATO-Korrespondenten des ZDF, Stefan Leifert, verdeutlichte dann, wozu das martialisch vorgetragene Horrorszenario in Klebers Moderation diente: der moralischen Einordnung der angeblich zu niedrigen deutschen Rüstungsausgaben. Diese stellten, so geht die verquere transatlantische Logik, die NATO, ihre Abschreckung gegen Russland und damit den Frieden in Europa in Frage.

Die Ursachen der gegenwärtigen Krise sind bei Leifert schnell erzählt, über die Rollenverteilung zwischen Gute und Böse muss nicht lange diskutiert werden:

Russlands Annexion und Destabilisierung der Ostukraine holen den Kalten Krieg zurück und mit Russland eine neue, alte Bedrohung.

Noch mal in Kurzform: Die NATO ist gut und erfolgreich, die Russen sind böse und hinterhältig, das Zwei-Prozent-Ziel bei den Rüstungsausgaben notwendig, die Deutschen gefährden mit ihrer Kurzsichtigkeit die NATO und damit den Frieden. Alles klar?

Es werden keine inhaltlichen Argumente geliefert, nur moralische. Damit tun sich erstaunliche Parallelen zum Spiegel der vergangenen Woche auf, der mit ganz ähnlichen Methoden für höhere deutsche Rüstungsausgaben getrommelt hatte.

Premium-Journalist Claus Kleber, übrigens auch Mitglied der Atlantik-Brücke und des Aspen-Institutes, hatte mit seinem martialischen Anritt vom Donnerstag noch nicht genug. Schon am Freitag fand die "Seit-5-Uhr-45-wird-zurückgeschossen"-Reihe ihre Fortsetzung. Und zwar so:

Guten Abend, wir müssen über Krieg reden. Es ist nämlich Krieg, man merkt es nur nicht. Moderne Kriege brauchen im Idealfall keine Panzer und Bomben mehr. Sie schaffen es, die Gesellschaft, die öffentliche Diskussion und die Entscheidungsprozesse einer anderen Macht so zu unterwandern, dass die gefügig wird. Es gibt von der Brexit-Entscheidung über Wahlen in Europa bis zur US-Präsidentschaft deutliche Hinweise darauf, dass russische Operative dort mitgemischt haben. Und jetzt belegen Recherchen des ZDF, des Spiegel, der BBC und anderer, wie Einflussversuche aus Moskau in Deutschland ansetzen, konzentriert auf und angefacht vom Aufstieg der AfD.

Hier kommt nun, wieder im Gleichschritt mit dem Spiegel, die nächste Räuberpistole um die angebliche Einflussnahme Russlands in Deutschland. Man kann davon ausgehen, dass die hier angekündigten Fakten ähnlich substanziell sind wie in den anderen angeführten Fällen angeblicher russischer Einflussnahme und aus ähnlich trüben geheimdienstlichen Quellen stammen. Interessant ist zunächst vor allem, dass Kleber auch in diesem Zusammenhang von Krieg spricht.

Im Grunde ist diese Reihe von Fehlleistungen ein weiteres Argument dafür, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wenn schon nicht abzuschaffen, dann doch wenigstens direkt aus Steuermitteln zu finanzieren. Die Bundesregierung könnte die Kosten der hier betriebenen geistigen Mobilmachung gegenüber der NATO glaubwürdig als Rüstungsausgaben geltend machen und damit zum Erhalt der Organisation beitragen, die in Klebers Augen ja den Frieden sichert.

Bis es so weit ist, kann der Fernsehzuschauer täglich im heute-Journal sehen, wozu seine Gebühren verwendet werden. Ohne die ARD irgendwie loben zu wollen, muss man angesichts der martialischen Ausfälle Claus Klebers feststellen: Mit dem Zweiten hetzt man besser.

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